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2.

Folgerungen des Christentums aus der Kategorie der

Gottverwandtschaft

a.

Der W e r t d e s M e n s c h e n

In der Gottverwandtschaft des Menschen liegt beschlossen, was

man mit Recht als ein leuchtendes Kennzeichen des Christen- / tums

betrachtete: das unmittelbare Verhältnis des Menschen zu Gott; es ist

unmittelbar, daher individuell, dem Individuum zugehörig (aber

realiter allerdings nicht ohne Gemeinschaft, Gezweiung, möglich).

Und das schließt wieder in sich: den unendlichen Wert der mensch-

lichen Seele und des Lebens.

Auch hier muß man sagen, daß die dem Christentum überall so

nahe verwandte Mystik der älteren Upanischaden schon alle Prä-

missen dafür in der Hand hatte; aber sie zog die Folgerung nicht,

sprach den unendlichen Wert der individuellen Seele kaum, minde-

stens nicht nachdrücklich aus, führte ihn jedenfalls in Religions- und

Sittenlehre nicht durch. Und so blieb es in der breiten Wirklichkeit

des altindischen Lebens zuletzt bei der gewöhnlichen orientalischen

Geringschätzung des Einzelnen.

Bedeutende philosophische Richtungen des Buddhismus und des

jüngeren Vedanta gehen sogar zur offenen Verneinung über und

lehren damit den U n w e r t des Lebens! Sie begründen es teils da-

mit, daß alles Schein sei (radikale Mayalehre), teils, in gewissen Sek-

ten des Buddhismus damit, daß das Leben Leiden, ja das Ich selbst

nur eine Erscheinung, Schein sei. Wie hoch erhebt sich das Christen-

tum darüber, indem es das Leiden auch von seiner fruchtbaren Seite

auffaßt! „Dem Tapferen sind glückliche und unglückliche Geschicke“,

sagte Caterina von Siena, „wie seine rechte und linke Hand, er be-

dient sich beider.“

b. D a s R e i c h G o t t e s

Unmittelbar in der durch die mystische Erfahrung begründeten

Gottverwandtschaft des Menschen liegt: die innere A n t e i l -

n a h m e a m g ö t t l i c h e n L e b e n , das ist am Reich Gottes.

Darum ist das Reich Gottes nicht äußerlich und nicht von dieser

Welt, sondern innerster Besitz des Geistes.