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keit ... es ist gar nicht möglich, sich international“ zu unterrichten,
sondern man kann nur immer bei Franzosen, Engländern und Deut-
schen usw. in die Schule gehen, stets in eine verschiedene, eine
bestimmte Schule;. . . jedes Volkstum soll trachten, das Höchste
der Menschheit in sich zu erbilden und auf seine Weise darzustellen.
Diese einzig echte Art von Weltbürgertum kann also gerade nur auf
völkischer Grundlage aufgebaut werden. — Auch ist ,Volkstum“
nicht das absolut Letzte. Es wird überhöht von dem geschichtlichen
Kulturkreise, in dem es lebt, in dem es Glied ist, bei uns dem christ-
lich-abendländischen Kulturkreise . . .“
12
.
Daß Spann nicht reaktionär gewesen ist, erhellt schon aus der
Tatsache, daß er niemals den Zusammenbruch der Monarchie als
solchen bedauerte. Dies trotz seiner Ansicht, die Monarchie sei
die in der Geschichte weitaus am stärksten bewährte Staatsform,
und trotz seines begeisterten Einsatzes als Soldat.
Angesichts der geschichtlichen Lage war es naheliegend, daß
Spann sich in der Brünner Zeit auch mit dem Kriege und den wirt-
schaftlichen Begleiterscheinungen des Krieges theoretisch ausein-
andersetzte: 1913 erschienen dazu die Abhandlungen „Zur Sozio-
logie und Philosophie des Krieges“ und „Theorie der Preisverschie-
bung als Grundlage zur Erklärung der Teuerungen“; 1915 „Ein
Beitrag zur volkswirtschaftlichen Theorie des Krieges und der Kriegs-
kosten“; 1920 dann „Vom Wesen der Papiergeldvermehrung“, als
zugleich grundlegender und originärer Beitrag zur Theorie der Infla-
tion.
Erwähnt sei auch, daß die Brünner Zeit Spann wichtige, für sein
späteres wissenschaftliches Schaffen bedeutsame Freundschaften
brachte: So mit Karl Faigl, dem Verfasser des 1926 erschienenen
Werkes „Ganzheit und Zahl“
13
, und dem Physiker Erwin Lohr,
einem Vertreter der Stetigkeits- oder Kontinuitätsphysik; deren
Anregungen in Richtung einer nichtkausalen bzw. wenigstens nicht
durchgehend kausalen Naturwissenschaft fanden ihren Niederschlag
in der Spannschen „Naturphilosophie“ (Bd 15). Zu diesem Freun-
12
Josef Lob: Othmar Spann — ein konservativer Denker, in: Criticon, Heft 12, München
1972,S. 166.
13
Jena 1926 (= Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 2).