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eine nachfolgende Erkenntnislehre. Er hat eine solche jedoch in der

Geisteslehre („Erkenne dich selbst“) nicht ausgeführt, weil sie schon

in dieser enthalten ist. Dem an der herrschenden Philosophie orien-

tierten Leser gegenüber erscheint es jedenfalls angebracht, hier das

Grundsätzliche über eine ganzheitliche „Erkenntnistheorie“ beson-

ders herauszustellen.

Erkenntnislehre im üblichen Sinne bezieht sich (als dem Empirismus

entsprungen) auf die E r k e n n t n i s d e r A u ß e n w e l t . Die

Erklärungen der „Klassischen Empiristen“ sind jedoch auch für uns

von nicht unerheblicher Bedeutung, weil sie bereits ganzheitlich-ideali-

stische Teilaspekte enthalten!

Für H o b b e s sind Raum und Zeit nicht Erscheinungsformen

der Außenwelt, sondern Produkte der geistigen Einbildungskraft.

Eine Sinnesempfindung ist nur möglich, wenn zum Eindruck von

außen eine Gegenwirkung von innen hinzukommt! Besteht somit die

Sinnesempfindung für Hobbes aus Inhalt (der Außenwelt) und Form

(dem Geiste zugehörig), so anerkennt auch L o c k e eine geistige

Komponente, doch gelangt er zu einer fast gegensätzlichen Ansicht.

Die „Primären Qualitäten“ (Figur, Festigkeit, Bewegung usw.) sind

ihm Eigenschaften der Dinge, die „Sekundären Qualitäten“ (Ge-

schmack, Geruch usw.) hingegen kommen nicht den Dingen zu,

sondern entstammen der Wahrnehmung. Das aber heißt, daß der

Geist die Dinge nicht als solche erkennt, sondern sich seine Empfin-

dungswelt selbst erschafft! Für Locke ist nicht die Substanz der

Dinge Gegenstand der Wahrnehmung, sondern nur ihre Eigenschaften

sind es. In ganzheitlicher Sicht aber bedeutet dies: Die Substanzen

(Ganzheiten) als solche haben kein erkennbares Dasein. Dieselbe Er-

kenntnis, welche die Ganzheitslehre bedeutungsvoll einleitet (!),

führt im Empirismus immer mehr zur Auflösung des Substanz-

begriffes. H u m e bezeichnet, wie vor ihm B e r k e l e y , dem

folgerichtig alles Sein nur phänomenal ist, auch die Primärquali-

täten als subjektive Eindrücke. Für ihn gilt ebenfalls der Satz: Esse =

Percipi! Vorstellungen und Gefühle sind nur Produkte der Einbil-

dung, auch das Ich ist nur ein „Bündel von Vorstellungen“.

Für K a n t sind die Erscheinungen in Raum und Zeit der an sich

unerkennbaren Dinge ein Erzeugnis des erkennenden Geistes, weil

Raum und Zeit seine apriorischen Anschauungsformen sind. Nicht