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nis zu ergründen, ist Persönlichkeit selbst zu erlangen. Warum ist
beides so schwer?
Persönlichkeit zieht die Summe des Lebens, weil sie von der Ganz-
heit des Lebens herkommt und zu ihr wieder zurückführt. Was aber
ist dazu erforderlich? Zunächst: B e s o n d e r u n g (Individuali-
sierung), E i n z i g a r t i g k e i t (Unwiederholbarkeit), F r e i -
h e i t (Eigenleben). Und das sind auch die Merkmale, von der die
landläufige Auffassung der Persönlichkeit ausgeht. Die Ganzheits-
lehre ist befähigt, diese Merkmale in einen einzigen Begriff zusammen-
zufassen: A u s g l i e d e r u n g . Aus ihr ergibt sich nicht nur die
Besonderung und das Individuationsprinzip ex definitione; es folgt
daraus auch die Vita propria als eine systematische Unterkategorie.
Jedoch: Es ist der Persönlichkeitsbegriff des Individualismus! Denn
Ausgliederung ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze liegt darin, daß
Persönlichkeit nur aus der R ü c k v e r b u n d e n h e i t verstanden
werden kann.
„Zur Persönlichkeitsbildung innerhalb der Ausgliederung einer
Ganzheit leitet erst die Kategorie der Ebenbildlichkeit über“ (Bd 14,
338). Ebenbildlichkeit aber ist nur möglich durch Rückverbunden-
heit. Im geistigen Schaffensprozeß hat diese drei Schwerpunkte: in
der Eingebung, in der Gestaltung und selbstverständlich im aus-
führenden und abschließenden Handeln. G e i s t i g e G e s t a l -
t u n g i s t d e r W e s e n s k e r n a l l e r P e r s ö n l i c h -
k e i t s b i l d u n g : Gestaltung in der Kunst, in der Wissenschaft,
in allen Bereichen des Handelns; vor allem aber Gestaltung des
eigenen Lebens, die alle geistigen Gestaltungsweisen begleitet. Erst
Lebensgestaltung führt zur Persönlichkeit!
Rückverbundenheit in der Eingebung bedeutet R ü c k v e r -
b u n d e n h e i t i m „ U n o f f e n b a r e n G e i s t e s g r u n d “ ,
aus dem die Eingebung kommt. Selbstbewußtsein ist nur möglich
durch Rückverbundenheit im eigenen Geistesgrund, und nur dieses
führt zum Begriff der Person. Aber alle diese Begriffsmerkmale
genügen nicht zur Bestimmung der Persönlichkeit, denn noch ist die
Ebene des Subjektiven nicht verlassen und überhöht. Wohl erscheint
damit das Individuum einheitlich in sich selbst gegründet, geistig aut-
ark in sich geschlossen, aber nicht aufgeschlossen für den Anderen,
nicht angeschlossen an ein Höheres.