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Als solche Einheitserscheinungen der Gesellschaft kennt die ganz-

heitliche Gesellschaftslehre folgende:

Werbung und Wertentlehnung,

die Einheit der Gemeinschaften oder das Volkstum,

die Einheit der Satzungen oder das Recht,

die Einheit der Anstalten oder den Staat.

Der Staat hat nach dieser ganzheitlichen Wesenserklärung folgende

Aufgaben, die seinen inneren Aufbau bestimmen:

(1) Arteigene Aufgaben:

(a) Äußere Politik.

(b) Innere Politik: Heerwesen, Verwaltung und allgemeines

Rechtswesen (allgemeine Rechtspflege und Rechtsbildung).

(2) Aufgaben als Oberleiter aller Stände im Bereiche des Handelns

oder als Höchststand:

Sie bestehen in der dauernden Überprüfung der Gegründetheit und

Verwurzeltheit der übrigen Stände der Gesellschaft in den Lebens-

erfordernissen des Ganzen. Dabei gilt angesichts der Sachsouveränität

der Stände, daß der Staat als Höchstorganisation die Inhalte der

Stände nicht zu schaffen, vielmehr zu überwachen und hervorzu-

reizen habe.

Die Oberleitung des Staates bezieht sich ja lediglich auf die han-

delnden, nicht auf die geistursprünglichen Lebenskreise oder Stände.

Der Staat kann also in keiner Weise — ohne auf die Dauer hohe

Gefahren für das Ganze heraufzubeschwören — totaler Staat sein:

(a) er ist nicht zentralistisch;

(b) er umfaßt nur potentiell, nicht tatsächlich, die Inhalte aller

Stände (diese oberleitend, aber nicht selbst hervorbringend und

bestätigend);

(c) er ist eine ideelle und als solche eine gradhafte Einheit aller

Organisationen der Gesellschaft oder des Volkstums, keine kollek-

tivistische oder totale Einheit.

Allein aus der Ganzheitsnähe rührt das Recht und die Macht der

staatlichen Oberhoheit: nur die am meisten vergemeinschaftende

Kraft, der am tiefsten verwurzelte Lebenskreis kann die Gegründet-

heit der übrigen im Gesamtganzen beurteilen und überwachen sowie

ihre Einheit wirklich verbürgen. Daher hat die Kirche im Mittelalter,

da sie die stärkste Vertreterin des Metaphysischen, des höchsten