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muß aber auch fragen, was geschieht, wenn dieses unnachgiebige

Ethos erschüttert ist? Wenn dieser staatstragende Stand nichts

anderes ist als eine privilegierte ,,Elite“?

C . F o l g e r u n g e n a u s d e m g a n z h e i t l i c h e n

S t a a t s b e g r i f f e

1. Staat und Stände. Staat und Staatsbürger

Angesichts der dargelegten Schlüsselbegriffe, die Wesen und Bau

der Gesellschaft bestimmen: der Verwurzelung allen gesellschaft-

lichen Lebens in kleinen Gemeinschaften (Gesetz der kleinen Ein-

heiten), des Eigenlebens der Stände, also der gesellschaftlichen Ge-

bilde ebenso wie schließlich der Staatsbürger selbst, des daraus

folgenden wesensgemäßen dezentralistischen Gefüges der Gesell-

schaft, angesichts dieser Schlüsselbegriffe steht der Staat als Höchst-

stand, als Oberleiter der übrigen Stände, dauernd vor der hohen,

immer von neuem unnachgiebiges Ethos gebietenden Aufgabe, in

seinem Verhältnis zu den Lebenskreisen der Gesellschaft und schließ-

lich in seinem Verhalten gegenüber seinen Bürgern dieses durch die

Schlüsselbegriffe gekennzeichnete Gefüge zu wahren. Also trotz

seiner Machtfülle das Eigenleben, die Freiheiten der Stände und der

Menschen zu erhalten, ja zu entfalten. Wie schwer ist es aber für die

gesellschaftlichen Institutionen und für die Menschen, sich selbst zu

beschränken und Maß zu halten. Ahnungsschwer sagt Alexis de

Tocqueville: „Ich sehe Unmenschlichkeit der Menschen“. „Die

großen Zweckorganisationen und die hineingeschütteten Einzelnen,

das ist keineswegs die ganze Wahrheit“

5

. Zumal in der Massengesell-

schaft sind die Verlockungen zum radikalen Zentralismus groß, ist

das Festhalten an den Wesensgesetzen von Gesellschaft und Staat

besonders schwer, ja schier unmöglich.

5

Alexis de Tocqueville: Über die Demokratie in Amerika (1840), München 1976.