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Wirklichkeit nicht ursächlich aus den Teilen kommt, sondern die ein
echtes Ganzes ist (in dem oben bestimmten Sinne nämlich, daß sie ein
nicht-mechanisches, nicht-ursächliches Verhältnis zu den Teilen in sich
schließt).
Der erstere Nachweis fordert, auf das Grundsätzliche zurückgeführt,
eine Logik und Kategorienlehre der Ganzheit; der letztere eine inhaltliche
Zergliederung auf dem Grunde jener nicht-ursächlichen Kategorien,
welche die Ganzheitslogik liefert, oder mindestens auf dem Grunde
nicht-ursächlicher Begriffe überhaupt, da, wie gezeigt, die Ursächlichkeit
der Wirkungen der Teile unfehlbar wieder zur Wechselwirkung und
damit zur Vernichtung wahrer Ganzheit führen müßte.
II. Hinweis auf den geschichtlichen Tatbestand der Wissenschaft
An dieser Stelle kann der logische Nachweis nicht geliefert werden.
Doch hoffe ich, ihn in meiner „Kategorienlehre“ geführt zu haben. Den
analytischen Nachweis aber werden wir noch in diesem Buch führen
1
.
Noch ein ganz anderer Nachweis, der leicht zu führen ist, erscheint
aber möglich; es ist, um mit Kant zu sprechen, der Hinweis auf das
„Faktum der Wissenschaft“. Platon, Aristoteles, Adam Müller, Hegel —
haben nicht auch sie eine „Gesellschaftslehre“ geschaffen? Sollte sich diese
nur in inhaltlichen Einzelheiten von der naturalistischen Soziologie oder
individualistischen Volkswirtschaftslehre unterscheiden, nur durch
einzelne „Fortschritte“ der Wissenschaft? Das könnten nur die Männer
von heute sagen, die jenes andere Lager einfach nicht kennen, weil sie
ganz
ausschließlich
und
unbewußt
im
Dunstkreis
individualistisch-ursächlicher Wissenschaft leben. Nein, jenes „Faktum
der Wissenschaft“ zeigt ein nicht-ursächliches Ver- / fahren am Werke,
das statt der angeblichen selbständigen „Wechselwirkung“ der Teile (die
eine Augentäuschung ist), vielmehr eine Analysis des Ganzen nach der
Gliedhaftigkeit seiner Teile darstellt. Man könnte einwenden, daß auch
die vergessene Wissenschaft Platons, Aristoteles’, Adam Müllers, Hegels
und so fort
1
Vgl. unten unter „Verfahrenlehre“, fünftes Buch, S. 633 ff.