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sehen Forderung, subjektiven Weltanschauung. Das alles kann zu den

F o l g e r u n g e n gehören, die aus ihr gezogen werden: er selbst aber ist

eine rein zergliedernde Theorie.

III.

Der Grundgedanke des Individualismus, auf den jede seiner

Formen zurückführt

Er besteht darin, daß das P r i m ä r e u n d U r s p r ü n g l i c h e i n

d e r m e n s c h l i c h e n G e s e l l s c h a f t a l l e i n d e r

E i n z e l n e s e i , nicht dessen Zusammenhang im Ganzen; daß der

alleinige Grund für die Gesellschaft und deren eigentliches Wesen im

Einzelnen liege, nicht im Ganzen selber; daß daher endlich die

menschliche Gesellschaft auch nur aus Einzelnen bestehe, darüber hinaus

aber nichts Eigenes, Selbständiges sei. Primäre Wirklichkeit, Grund und

alleinige Bestandteile sind einzig die Einzelnen! Sie bilden die

Gemeinschaft, den Staat, die bürgerliche Gesellschaft, jede Art von

Verband und Vereinigung; und das Dasein dieser Gesamtheiten und

Verbände, das Dasein des Ganzen beruht schließlich nur auf diesen, in

sich selbständigen Einzelnen.

Am klarsten kann man die Einzelheitslehre am neueren Naturrecht

(einer besonders wichtigen Abart der individualistischen Auffassung)

erkennen. In jener Form, in welcher namentlich Hobbes es dargestellt

hat, ist der Gedanke dieses Naturrechts folgender: Um Staat und

Gemeinschaft zu erklären, ist der Begriff des menschlichen Urzustandes

oder Naturzustandes zu bilden. Man stellt sich einen staatenlosen

Zustand vor, worin die Menschen als einzeln lebende Wesen, als in sich

selbständige, autarke Existenzen erscheinen (Nietzsches „einsam

schweifende Bestien“): alle sind im Kampfe gegen alle begriffen („bellum

omnium contra omnes“ — Krieg aller gegen alle), einer ist der Feind des

andern („homo homini lupus“): und ebenso herrscht „Furcht aller vor

allen“. Um nun diesem unzweckmäßigen, lästigen, ja unerträglichen

Zustand ein Ende zu machen, treten die Einzelnen zu einem Staatsverein

zusammen, das heißt, sie begründen durch Abschließung eines

Staatsvertrages den Staat. Damit haben sie Sicherheit, Ordnung und

Recht geschaffen und, indem sie eine oberste Gewalt einsetzen, haben sie

die „Souveränität“ des Staates geschaffen. / Diese oberste, von ihnen dele-