Table of Contents Table of Contents
Previous Page  1833 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 1833 / 9133 Next Page
Page Background

[361/362]

435

möchte, er gleicht dem Geigenspieler, dem nur eine bestimmte Geige

zur Verfügung steht. Dann wird ein guter Spieler

(1)

auch auf der schlechten Geige noch leidlich gut spielen;

(2) wird er im Laufe des Spielens die schlechte Geige immer bes-

ser machen

— beides o h n e d i e G e s e t z e d e s H o l z e s u n d

S c h a l l e s z u v e r ä n d e r n ! Allerdings kommt der Spieler

auch nie ganz darüber hinaus, daß ihm die / schlechte Geige nun

einmal gegeben ist, ähnlich wie ja auch ein krank geborener Mensch

seine Krankheit wohl meistern kann, aber doch nicht in gleicher

Lage ist wie der Gesunde.

Schon diese Überlegungen zeigen, daß der „Vorrang“ keinen Ab-

solutismus des Geistes, keinen schlechten, leeren Spiritualismus, kei-

nen freischwebenden, abstrakten Geist verlangt, der die Gesetze des

Stofflichen schlechthin überspringt.

Wie kommen wir aber diesem „Vorrange“ näher?

Ein Vorrang, der die Gesetzlichkeit des Erbstoffes überhöht, zeigt

sich deutlich am schöpferischen Menschen, am Genie. Das A u f -

t r e t e n d e s S c h ö p f e r g e i s t e s k a n n n i e v o l l s t ä n -

d i g a u s d e n E l t e r n e r k l ä r t w e r d e n ; und man hat das

ja mit dem Verlegenheitsbegriffe der „ s c h ö p f e r i s c h e n M u -

t a t i o n “ mehr oder weniger bewußt anerkannt. Trotz Mendel

kann der Schöpfergeist auftreten. Warum? Darauf kann es nur eine

Antwort geben: weil das Kind nicht nur von den Eltern stammt,

sondern zuletzt die G a t t u n g es ist, die sich im Elternpaar fort-

pflanzt! Wie denn auch in der heutigen Biologie zum Teil die Gat-

tung nicht Zeugung noch Vererbung verstanden werden können.

dern darüber hinaus auch richtig schon als Bestimmungsgrund, als

„Naturfaktor“, gefaßt wird.

Nur gilt es daraus die Folgerungen zu ziehen!

Man muß sich darüber klar sein, daß ohne den Begriff der Gat-

tung nicht Zeugung noch Vererbung verstanden werden können.

Schon daß Tierzucht und Vererbungslehre über die Eltern hinaus

auch zu den f e r n e r e n A h n e n zurückgehen müssen, beweist

das Walten der Gattung. Denn würden nur die zeugenden Eltern

die Bedingungen des neuen Menschen enthalten (wie zwei chemi-

sche Reagenzgläser die Bedingungen des Mischungsergebnisses), so

wäre allerdings kein Mitwirken der Gattung möglich. Sobald aber