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nens in Anbetracht der vorgegebenen Wirklichkeit (und ihres jähen

Wechsels, der immer neue Lagen schafft) herauskommt, was also an

Wirkung erreichbar ist. Der Unterschied liegt nur darin, daß der

Kleine wenig, der Große viel kann. — Die „Kunst des Möglichen“

muß aber bei a l l e m T u n geübt werden! Nicht nur der Politi-

ker, der Unternehmer, der Arbeiter, der Techniker, sie sind alle an

das Mögliche gewiesen und dürfen keine Phantasten sein.

Schon im Begriffe des Schöpferischen liegt es, daß der e c h t e

P o l i t i k e r e i n M a n n d e r I d e e i s t . Der sogenannte

„R e a 1 p o 1 i t i k e r“ (jener der sich „anpaßt“, also eigentlich

zum Opportunisten wird) ist die Alltagsware des Parteilebens, der

Handwerker der Politik. Der schöpferische Veranstalter und Politi-

ker ist, wie an die Idee so an die Sittlichkeit — die allerdings den

Maßstäben der höheren gesellschaftlichen Ganzheiten folgt — ge-

bunden. Politik ist ein Werk der Sittlichkeit

1

.

Wenn Ratzenhofer

2

von einem Gesetz „der absoluten Feindseligkeit“ in der

Politik spricht, so hat er damit zwar insofern recht, als gegensätzliches Handeln

seiner Natur nach Feindseligkeit, Wettstreit, ist; und jede Partei, welche diesen

feindseligen Charakter ihres Handelns vergißt, wird im Laufe des politischen

Wettstreites schwer geschädigt werden. Daher die schwierige Stellung gerade /

jener Parteien, die ausgleichend wirken wollen. Sie müssen immer nach links

und rechts Zugeständnisse machen und Vermittlungen anstreben. Umgekehrt er-

klärt sich so die große S t o ß k r a f t a l l e r r a d i k a l e n P a r t e i e n u n d

d e r e i n s e i t i g e n W i r t s c h a f t s p a r t e i e n , welche in der Geschichte

oft über das Maß ihrer Kraft, Zahl und inneren Bedeutung eine Rolle spielen.

Aber Ratzenhofers „Gesetz der absoluten Feindseligkeit“ bezeichnet dennoch das

Wesen der politischen Handlung nicht. Schon die äußerlichste Erfahrung lehrt

ja, daß die politische Tätigkeit nicht nur in Streit besteht, sondern auch in V e r -

e i n b a r u n g e n ,

A u s g l e i c h e n (Kompromissen) mit verwandten und

selbst schroff gegnerischen Parteien. Diese Verbündungsfähigkeit von Gegnern

ist mit dem Hinweise, daß es sich dabei bloß um „Taktik“ handle, keineswegs

erledigt; sie ist vielmehr der Beweis verborgener g e m e i n s a m e r G l i e d -

h a f t i g k e i t der Handelnden! Denn sie wird bedingt durch gemeinsame, all-

gemeinere politische Ziele. Indem aber auf diese Weise klar wird, daß alle Par-

teien notwendig eine Reihe von Zielen gemeinsam haben, wird auch offenbar,

daß die absolute Feindseligkeit ihr gegenseitiges sachliches Verhältnis nicht be-

herrscht. Dies liegt eben daran, daß sie alle nur o r g a n i s a t o r i s c h e Z i e l e

innerhalb eines Staatsganzen, das heißt aber auf einer gleichen Gesamtgrundlage,

1

Vgl. die Abschnitte über Empfindung und Handlung, oben S. 319; Veran-

staltung, unten S. 503 ff.; Staat, unten S. 591 ff.; Öffentlichkeit, öffentliche Meinung,

unten S. 533; Autorität und Herrschaft, oben S. 291 und unten S. 312 ff., 536 und

646 f.

2

Gustav Ratzenhofer: Wesen und Zweck der Politik als Teil der Soziologie

und Grundlage der Staatswissenschaften, 3 Bde, Leipzig 1893, Bd 1.