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Drittens liegt es in der Natur dieses Zieles, daß fast nur „Bünde“

Politik treiben können, denn nur, wenn viele Menschen gleiche oder

ähnliche Wünsche in bezug auf die Gestaltung organisatorischer Be-

dingungen ihres Handelns haben, werden solche öffentlichen Ziele

zu erreichen sein. Nur dann kann politisches Handeln von einem

Einzelnen ausgehen, z. B. von einem Herrscher, einem Parteiführer,

wenn dieser als Glied von Ganzheiten, als V e r t r e t e r von Grup-

pen (z. B. „Interessengruppen“) und Parteien aufzutreten vermag;

für echte Privatpolitik bleibt immer nur sehr wenig Spielraum,

denn jede Politik kann sich dauernd nur auf öffentliches, auf Ganz-

heiten, auf Gruppen stützen.

Viertens: Politische Tätigkeit ist Wettstreit der Untergruppen je-

ner jeweiligen Ganzheiten, nämlich der P a r t e i e n , seien es nun

Staats-, Zunft-, Verbands-, Vereinsparteien. Das äußere Bild ist stets

„Parteienkampf“.

Bei diesem wichtigsten Begriffselement haben wir ausführlicher zu

verweilen. „Wettstreit“ ist nur eine erste Bestimmung. Politik ist

(1) Wettstreit insofern, als sie aus g e g e n s ä t z l i c h e m Han-

deln der Bündnisse bestehen muß; andererseits ist aber

(2)

das Ziel dieses / feindseligen Handelns nicht die Vernichtung

des Gegners wie im Krieg — der Gegner als solcher ist dabei über-

haupt unwesentlich —, sondern es besteht in der Erreichung jener

organisatorischen Ziele, jener Anstaltsbildung, welche das „Pro-

gramm“ der Partei ausmacht. Es ist also nur ein W e t t s t r e i t

um einen gemeinsamen Preis, nicht ein unmittelbarer Kampf, der

sich auf den Gegner als solchen richtet. Diese a u f b a u e n d e

A r t d e r P o l i t i k : anstaltbildend zu wirken, staatliche und

andere öffentliche Einrichtungen in bestimmter Weise zu gestalten,

nimmt dem kämpfenden Tun des Politikers meistens die letzte

Schärfe, wie die Geschichte beweist.

Die Tugend des praktischen Politikers ist daher die gleiche wie

jene des Organisators

1

. Der Politiker wie der Organisator ist

s c h ö p f e r i s c h e r G e s t a l t e r . Wenn man die Politik als die

„ K u n s t d e s M ö g l i c h e n “ bezeichnet hat, so ist das insofern

richtig, als jeder Schöpfer A u g e n m a ß haben und wissen muß,

sowohl was er kann, wie auch, was bei Einsatz dieses Kön-

1

Siehe unten S. 505 f.