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t e s vollzieht —, dann ist es im Aufbau des Systems eine der wich-
tigsten Aufgaben, über den grundsätzlichen Gang dieser Ausglie-
derung, oder, wie wir es kurz nennen wollen, über die A u s g l i e -
d e r u n g s o r d n u n g d e r W i r t s c h a f t Klarheit zu erlangen.
Es ist nicht möglich, im Rahmen eines kurzen Überblickes die
ganze Denkaufgabe, die sich hier ergibt, zu erschöpfen. Darum sei
mir eine Beschränkung auf das Nötigste gestattet und zugleich ein
Hinweis auf jene anderen Arbeiten, in denen ich ein übriges bereits
getan habe
1
. Dennoch will der folgende Aufsatz fürs erste eine Probe
ganzheitlichen Verfahrens geben, indem er zum ersten Male in der
Geschichte der Volkswirtschaftslehre den (alsbald zu erklärenden)
Begriff des Vorranges planmäßig als Untersuchungsmittel verwen-
det; er will ferner auch eine Darstellung der Hauptpunkte der ganz-
heitlichen Volkswirtschaftslehre sein; eben damit wird er notgedrun-
gen auch zu einer Grundlegung der Wirtschaftspflege (Volkswirt-
schaftspolitik). Diese führt, wie sich zeigen wird, systematisch über
List hinaus, indem sie die Erfordernisse des Eigenlebens (der Vita
propria) aller Ganzheiten, Unterganzheiten und Glieder zur Grund-
feste der Wirtschaftspflege macht, nicht an e i n e r Ganzheit, der
Volkswirtschaft, und an e i n e r Frage, der Zollfrage, haften bleibt,
wie dies Schutzzoll- und Freihandelslehre tun.
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E r s t e r A b s c h n i t t
Ausgliederung und Vorrang
Das Wesen der Ausgliederung ist nach dem Satze zu verstehen:
„Das Ganze ist vor den Gliedern“ — ein uralter Satz, der schon
platonisch-aristotelisches Lehrgut ist und sich auch in den indischen
Upanischaden angedeutet findet. Aus ihm folgt auch: daß das Ganze
an sich, das Ganze als solches, nicht erscheint (gleichsam im V o r -
Sein bleibt), sondern in den Gliedern zur Darstellung, zum Da-
Sein gelangt. Darum kann man die „Volkswirtschaft“ an sich (sie
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Kategorienlehre, Jena 1924; Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930;
ferner der Aufsatz: Vorrang und Gestaltwandel in der Ausgliederungs-
ordnung der Gesellschaft (Logos, Bd 13, Tübingen 1924/25, in die Ge-
sellschaftsphilosophie, München 1928, in erweiterter Form übernommen).