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wissenschaftlichen Erörterung aus. Er verfügt nicht über jene Kennt-

nisse in der Geschichte und Theorie der Volkswirtschaftslehre, welche

ihn dazu befähigen würden, die rein individualistischen und die so-

zialistischen Lehrbegriffe bei Pesch voneinander zu unterscheiden.

G u n d 1 a c h und von N e l l erkennen auch nicht das peinlich Ver-

spätete des vermittelnden Versuches eines „Solidarismus“, der schon

vor 30 Jahren nichts anderes war als ein Treppenwitz der Welt-

geschichte. Während man aber dem Bienenfleiß und dem reinen Stre-

ben des Begründers des „Solidarismus“, Heinrich Pesch, stets Aner-

kennung zollen muß, scheinen mir jene Männer, die sich die „Fort-

bildung“ dieses veralteten und methodisch gänzlich mißglückten

Systems zur Aufgabe gemacht haben, auch nicht über diese elemen-

taren wissenschaftlichen Tugenden zu verfügen. Zu gründlicher

Fachkenntnis, wissenschaftlicher Stoffbeherrschung, unparteiischer

Verarbeitung des Schrifttums läßt es bei Pater Gundlach S. J. und

P. v. Nell-Breuning S. J. schon ihre einseitige politische Werbetätig-

keit schwer kommen, weshalb sie sich bisher in systematischer Weise

wissenschaftlich nicht betätigt haben und über Gelegenheitsschrift-

stellerei kaum hinausgekommen sind.

Die wissenschaftliche Halbbildung jener „Fortbildner des Soli-

darismus“ macht es auch allein erklärlich, daß sie meinen, man könne

die ständische Lehre n a c h t r ä g l i c h ihrem liberal-sozialistisch

geklitterten Denken anhängen. Sie haben keine Ahnung davon, daß

der ständische und der berufständische Organisationsgrundsatz

(denn beides ist nicht dasselbe, der ständische umfaßt die ganze Ge-

sellschaft, der berufständische bloß die Wirtschaft), nur auf

G r u n d g a n z b e s t i m m t e r S y s t e m v o r a u s s e t z u n -

g e n möglich ist, und zwar weder der individualistischen noch der

sozialistischen. Auch Pesch verstand das Wesen des Standes nicht, da

er die „Berufsorganisationen“ offen als „ I n t e r e s s e n v e r t r e -

t u n g e n “ bezeichnet

1

, sie also nach liberalem Begriff faßt, für den

der Wirtschaftsverband die Summe der Einzelegoismen (also der

„Interessen“) ist. Der wahre Begriff des Berufstandes gründet sich

aber auf die organhafte Stellung des Berufes im Gesamtganzen der

1

P. Heinrich Pesch S. J.: Lehrbuch der

Nationalökonomie, Bd 2 (1908), 4. und

A fl

ib i

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