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Welche hohe Ausbildung später die Gesellschaftslehre im deut-

schen Idealismus besonders bei F i c h t e

1

, B a a d e r

2

, H e -

g e l

3

, A d a m M ü l l e r

4

, / G ö r r e s

5

, dem jüngeren Fichte

6

,

K r a u s e und anderen fand, ist leider zu wenig bekannt, kann

aber hier nicht besonders ausgeführt werden.

Die Erkenntnis: daß die Gesellschaftslehre oder „Soziologie“ in

Wahrheit nicht erst auf C o m t e zurückgeht, daß sie erst auf

C o m t e und seine Nachfolger zu warten brauchte, um ins Leben

gerufen zu werden, sondern daß sie seit uralten Zeiten einen we-

sentlichen Bestandteil jeder Philosophie, der idealistischen sowohl

wie der empiristischen, bildet, ist zur Beurteilung der gesamten neu-

zeitlichen „Soziologie“ von größter Wichtigkeit. Sie ist dem Kenner

der Geschichte der Philosophie und der Geschichte der Staatswissen-

schaften, sobald er sich näher darauf besinnt, im Grunde eine Selbst-

verständlichkeit. In diesem Sinne darf man sagen, daß sie auf der

Straße liegt. Dennoch aber ist es nötig, sie immer wieder ausdrück-

lich zu sagen und besonders zu betonen. Denn die allgemeine Mei-

nung von heute, genauer gesagt, die Meinung der Empiristen, ist:

es gebe erst seit Comte eine Soziologie — nämlich die empiristische,

und diese sei die einzige! Platon oder Aristoteles oder Hegel hätten

sich sehr gewundert, wenn man ihnen ein Buch der modernen So-

ziologie, etwa Comte oder Schäffle, als n e u e W i s s e n s c h a f t

vorgestellt hätte, da sie doch um dieselben Fragen sich ihr Leben

lang bemühten und sie systematisch behandelten. Aber gleichwohl

hat sich jene Meinung, die „Soziologie“ sei eine neue Wissenschaft,

in den Zeiten, in denen Materialismus und Empirismus aller Art

1

Johann Gottlieb Fichte: Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, Bd 1, heraus-

gegeben von Hans Riehl, Jena 1928 (= Die Herdflamme, Bd 16).

2

Franz von Baader: Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, herausgegeben von

Johannes Sauter, Jena 1925 (= Die Herdflamme, Bd 14).

3

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, Teil 1,

herausgegeben von Alfred Bäumler, Jena 1927 (= Die Herdflamme, Bd 11).

4

Adam Heinrich Müller: Die Elemente der Staatskunst, öffentliche Vorlesungen

1808—1809, herausgegeben von Jakob Baxa, Jena 1922 (= Die Herdflamme,

Bd 1); vgl. auch Jakob Baxa: Einführung in die romantische Staatswissen-

schaft (1923), 2. erweiterte Aufl., Jena 1931 (= Die Herdflamme, Ergänzungs-

band 4); Gesellschaftslehre von Platon bis Friedrich Nietzsche, Leipzig 1927

(= Wissenschaft und Bildung, Bd 241).

5

Joseph Görres, in: Jakob Baxa: Gesellschaft und Staat im Spiegel deutscher Ro-

mantik, Jena 1924 (= Die Herdflamme, Bd 8).

0

Immanuel Hermann Fichte: System der Ethik, Leipzig 1850—1851.