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Daß hier das Meister-Jünger-Verhältnis geschichtlich obenan

steht, folgt aus allem Früheren. Weder Erzieher noch Führer dürfen

zu „Individualitäten“ im subjektivistischen Sinne erzogen werden.

Echte Erziehung ist gemeinschaftstiftend und vorbildverehrend, da-

her gegenständlich, durch ein Über-Dir bestimmt.

j. Erziehung und Geschichte. Erziehung und Erziehungsinhalt

Jede Erziehung ist an geschichtliche Gestaltung gebunden. Das

Gefahrvolle für unsere Zeit liegt daher darin, daß seit Nominalis-

mus und Aufklärung eine Geschichtstrübung eintrat (denn die alte

Wertordnung ist nach Inhalt wie Rangstufung erschüttert, ohne daß

eine neue sie ersetzt hätte). Je mehr aber eine Zeit gefährdet ist, um

so mehr wird in ihr auch das Unholdische mächtig. Darum dürfen

wir uns keineswegs sicher fühlen, wenn auch die Revolution gelun-

gen ist. Wir haben eine Schlacht gewonnen, aber neue Schlachten ste-

hen bevor, neue unholdische Kräfte brechen auf. In jede neue Saat

mischt sich der Same des Bösen.

Da die Geschichtstrübung nun einmal da ist, kann die oberste

Frage aller Erziehung, die Frage nach dem idealen Erziehungsinhalte,

nicht einfach aus den Gegebenheiten der Geschichte beantwortet

werden. Was ist denn das Echte der geschichtlichen Gegebenheiten

Europas und im besonderen des deutschen Volkes? Um diese Frage

geht alles. Denn ohne die Entscheidung über das „Was“ gibt es kein

Erziehungsideal, gibt es nur Unterrichtstechnik. Die Folge ist das

bunte Allerlei des Unterrichtsstoffes, von dem wir schon sprachen

1

.

Das Erziehungsideal kann nur in der geschichtlichen Analysis seine

Wurzeln (natürlich nicht etwa im Sinne bloßer Gelehrsamkeit) ha-

ben. Warum sollten wir in diesen Tagen der Größe an dem Kleinen

des Augenblicks uns verwirren und nicht zu den Quellen des deut-

schen Geistes aufsteigen? Das E c h t e u n d U n e c h t e m u ß

m a n i n d e r G e s c h i c h t e s e i n e s V o l k e s w i e i n s e i -

n e r e i g e n e n s c h e i d e n ! Wenn man das nicht kann, dann

geht die Erziehung zwar äußerlich weiter, wird aber widerspruchs-

voll, zwiespältig und legt so den Grund zu neuen Kulturbrüchen.

Zuletzt weist jede Entscheidung überall auf das Geistursprüng-

liche zurück, und die Entscheidung innerhalb desselben liegt wieder

1

Siehe oben S. 154 f.