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Besonders aus der von Fichte so kräftig entwickelten Lehre von der

Selbstsetzung oder Spontaneität des Geistes (nach dem Satze: „das

Ich setzt sich selbst“) folgt das Gleiche. Doch müssen wir hier dar-

auf verzichten, diese Seite des Beweisganges näher auszuführen.

Die Aufgabe, die sich nun ergibt, ist, vom einzelnen Geiste zum

Ganzen überzugehen. Inwieferne gilt auch für das G a n z e die

Kategorie: „Gründung und Entfaltung“?

Der Begriff der Gezweiung ist es, der die Brücke vom Einzelnen

zum Ganzen schlägt. Die G e s c h i c h t e d e s E i n z e l n e n

v o l l z i e h t s i c h i n G e z w e i u n g u n d d a m i t a l s

G l i e d e i n e r g e i s t i g e n G a n z h e i t . Mit diesem Satze ist

das Verhältnis des Ganzen zum Einzelnen schon bestimmt. Denn

„Gezweiung“ heißt: „in Gegenseitigkeit werden“, heißt aneinander

werden; und das heißt wieder: als Glied einer geistigen Ganzheit

werden. Da keiner der Gezweiten selbständig, sondern jeder Glied

ist, Glied aber auf Ganzheit weist, so ist es die G e s c h i c h t e

d e r G a n z h e i t , die sich in der des Einzelnen abspielt.

Ist nun die Weise des einzelnen Geistes innere Selbstvertiefung,

so ist dasselbe auch die Weise des Ganzen, da ja in ihm die Einzel-

geister gliedhaft / enthalten sind. (Von allem Weiteren: den Um-

gliederungsfolgen der Gezweiung, den Spannungen zwischen ihren

Gliedern wie Ganzheiten und anderem sehen wir ab.)

Ein anderer wichtiger Punkt ist nun der folgende: Wären immer

dieselben Einzelmenschen in der Ganzheit enthalten, so würde die

Vertiefung der Ganzheit und Glieder sich ohne weiteres in der Er-

fahrung decken. Da aber immer wieder die einzelnen Menschen aus

dem geschichtlichen Ganzen durch Tod ausscheiden, während durch

Geburt neue hinzutreten, fallen Ganzheit und Glieder in ihrer Ent-

faltung nicht mehr genau zusammen. Das ändert aber an dem

grundsätzlichen Sachverhalte nichts. Da nicht alle Einzelnen durch

den Tod gleichzeitig ausscheiden, bleibt die geistige Ganzheit, z. B.

eine Religionsgemeinde, ein Staat, ein Volkstum, eine Kunstschule,

geschichtlich erhalten und kann den Weg innerer Vertiefung weiter-

gehen. (Welche Rolle dem Vorgänge der geistigen Neueingliederung

aller neu Geborenen, nämlich der E r z i e h u n g , zukommt, ist

hier deutlich. Die Erziehung ist es, welche die geschichtliche Stetig-

keit zu wahren hat.)

Daraus folgt: Das Gesamtganze hat einen Weg von gleicher Art