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geschieht auch vor allem im Figaro, im gesamten Figaro; wie aber
auch in so vielen anderen Werken! Einzig die kosmisch-mythische
Liebe ja, welche die Natur durchdringt und die Gottheit berührt
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kann sich auf jener hohen Ebene bewegen, wo die Freudigkeit nicht
erst ein Aufschwung, sondern freie Daseinskraft, natürlicher Lebens-
odem ist; und einzig in dieser kosmisch-mythischen Art auch kön-
nen Gebet und Liebe zusammenfallen (wovon wir später noch
Zeugnisse beibringen werden).
Natur
Mozart läßt auch die Seele der Natur sprechen. Die Winde in
„Cosi fan tutte“
2
, die Ruhe des Abends
3
; die Entzückung der
Mondnacht
4
; der Sonnenaufgang
5
; die Darstellung der Magnetwir-
kung (Bann) und des Giftes (Verwirrung, Umsturz) in „Cosi fan
tutte“ sind Beispiele, die nicht unbekannt sein dürften.
Die Natur hat Seele und Leben, aber Mozart kennt auch ihr
Dämonisches, Unholdes. Auf ihrem Grunde wohnt ein unauflöslich
Dunkles, wie uns die / Musik der „Königin der Nacht“ lehrt, ein
Dunkles, in welches verstrickt zu sein die ganze Gefährlichkeit des
menschlichen Lebens ausmacht, wie uns das „Requiem“ und der
„Don Juan“ lehren.
Glaube
Mozart stellt auch Andacht und Glauben dar. Er stellt sie gleich
anderen Meistern in hoher kirchlicher Form dar, wie in so vielen
Messen, liturgischen Stücken und Chören (z. B. „O Isis und Osiris,
schenkt ...“). Mögen ihn hierin andere Meister sogar übertreffen,
z. B. Bach, Händel, Schubert (im Credo der G-Dur-Messe und in
verschiedenen Messen) — er stellt sie überdies in einer Form dar,
1
Mozart: Die Zauberflöte, I, Nr 7,
Zwiegesang „Bei Männern, welche . .—
-
Mozart: Cosi fan tutte, I, Nr 10, „Weht leiser ihr Winde“.
3
Mozart: Figaros Hochzeit, III, Nr 20, „Wenn die sanften
4
Mozart: Figaros Hochzeit, IV, Nr 28, „Endlich naht sich
5
Mozart: Die Zauberflöte, I, Nr 8, Adagio,
Erscheinen des Sprechers; ebenda II,