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ihrer Fahrt“); und später: ohne Zauber keine neue Liebe (Musik
der Magnetwirkung).
Unerreicht und übermenschlich ist der Erinnerungszauber des
„Recordare“ im Requiem (Dies irae), der den frommen Jesus be-
schwörend z w i n g t , sich seiner Verheißungen zu erinnern; in je-
nem Werke, welches auch das Totenlicht vor dem Herzen des ver-
sunkenen Menschen aufleuchten läßt („ _____et lux perpetua luceat
eis“, Anfang und Ende des Requiems, Ende des Dies irae und öfters).
Aber es gibt noch unzählige magische Weisen in Mozarts Musik.
Darüber werden nun gelehrte Musikgeschichtler lächeln, es nur
bildlich gelten lassen wollen. Und dennoch ist es buchstäbliche Wahr-
heit. Nur weil sich Mozart so sehr im Magischen bewegte, kannte
er die Tag- wie die Nachtseite der Seele und der Natur. Solche
Magie begegnet uns ja überall in der hohen Kunst, im Credo und
Agnus Dei der G-Dur-Messe Schuberts ebenso wie bei Bach, Hän-
del, Shakespeare, Novalis, Goethe, Schiller und anderen.
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Der Mensch in Verbindung mit lichten Mächten
Diese magischen Weisen zeigen uns den Menschen zugleich in
Verbindung mit lichten Mächten. Mozart läßt den faustischen Men-
schen vor uns erstehen, und zwar nicht dort, wo er verzweifeln
möchte, sondern auf jener Höhe, wo er sich lichten Kräften öffnet.
Das geschieht zuerst in der Genienmusik der Zauberflöte, welche
uns, wie kaum je in der Kunst, die Uberwelt voller Licht und Glanz
zeigt, in jenem Glanze, der uns wie berührbar dünkt (wer dächte
da nicht an das Höhlengleichnis Platons?). Da sind sodann die
Stimmen, welche dem Jüngling Tamino aus dem Tempel in über-
irdischen Rhythmen ertönen und ihm, dem Suchenden, Antwort
geben
1
. Erst nachdem der Jüngling mit seinem Innern, mit Geistern
Zwiesprache hält, kann er die Zauberflöte blasen. Da sind ferner die
Genien in jenen Auftritten, wo sie Pamina und Papageno vor der
Verzweiflung erretten (was hat man sich wohl bei der Selbstver-
ständlichkeit dieses Verkehrs mit der Uberwelt gedacht?); weiter
1
Mozart: Die Zauberflöte, I, Nr 8, Finale:
„Zurück, zurück“; „O, ewige Nacht,
i d h i d ? “