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u n d ü b e r a l l d i e h i m m l i s c h e n M ä c h t e a m

W e r k e . Ich meine auch das nicht bildlich, sondern buchstäblich.

Die Genienmusik, die gleich am Beginn steht, beruht auf innerer

Schau und ist als Wirklichkeit zu verstehen. Um Mozarts Größe

zu ahnen, muß man sich zu einem Standpunkte aufschwingen, der

den seinigen ernst nimmt. Mozart hat die schützenden Mächte des

Himmels, wie sie den Menschen nahe sind, gekannt wie sie manche

Heilige kennen und uns von ihnen erzählen. Welchen würdigeren

Gegenstand des Nachdenkens könnte es für den Menschen geben,

als die Reise der Genien zu verfolgen, wie sie uns Mozart vorführt

und uns den Reim auf uns selbst zu machen?

Unerweckte Ohren haben die Weise der zauberischen Flöte selbst

als „zu einfach“ empfunden. So geht es oft in der Welt. Auch

„Freude schöner Götterfunke“ in der neunten Symphonie Beet-

hovens ist „zu einfach“. In Wahrheit: zuletzt bleibt nichts zu tun,

als zum ganz Einfachen vorzudringen. Das Größte ist nur in seiner

Einfachheit zu verstehen, an der wir nur allzuoft vorübergehen.

Wie könnte die Welt vielfältig sein, wenn ihr Grund nicht einfach

wäre? — Wie ernst Mozart gerade die Zauberweise der Flöte ge-

nommen, erkennt man daran, daß sie in der Einweihungsmusik

(Wasser- und Feuerprobe), welche selbst den Gipfel des lichten Zau-

bers schildert, wiederkehrt und dort sogar die Grundlage bildet;

und daß sie auch in der Auferstehungsmusik des „Dies irae“ im

Requiem (Abwandlungen der Tuba, nach „sonum“) wieder auftritt.

Hier freilich ins Düstere verändert. Aber das Bannende, das die

Tuba sogar auf die Toten ausüben soll, ist aus der Zauberflöte her-

genommen.

Mozarts hohe Schule

Was Mozart ist, zeigt sich daran, daß er die Überirdischen und

die Unterirdischen in allen Gestalten selbst auftreten läßt und nicht

davor zurückschreckt, jene höhere Welt, welche, wenngleich ver-

borgen, doch die größte und bestimmendste Wirklichkeit auch für

die niedere besitzt, uns l e i b h a f t i g vorzuführen. Nur wenige,

wie Homer, Dante, Shakespeare, Goethes Faust, Novalis, leben in

gleicher Höhe.