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von subjektiver Willkür und parteipolitischer Interessenpolitik zu

treten. Die Verbände sind nicht mehr Organe eines Kollektivegois-

mus, sondern Träger einer bestimmten Aufgabe im Ganzen der

Volkswirtschaft. Wesentliches Ziel der Sozialpolitik ist die Wieder-

einführung der abhängigen und schwächeren Wirtschaftssubjekte in

den wirtschaftlichen Zusammenhang, der Arbeiter soll wieder einen

„Stand“ haben und nicht nur Masse sein.

Geradezu prophetisch ist einer der Hauptgedanken, „daß es

unbedingt nötig ist, dem geschlossenen Gedankengebäude des Indi-

vidualismus ein anderes, ebenso geschlossenes Gedankengebäude des

Anti-Individualismus entgegenzustellen, und daß anders der end-

gültige Sieg nicht erfochten werden könne“. Was die deutsche Volks-

wirtschaft betrifft, so ist das Ziel, den Klassenkampf zu überwinden

und an seine Stelle die Betriebsgemeinschaft zu setzen, in der auf

das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. 1. 1934 ge-

stützten Praxis gelungen. Eine sinngemäße Weiterentwicklung hätte

im Jahre 1945 anstelle der autoritären Regelung eine demokratische

Ordnung und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit nicht auf den

Klassenkampf gerichteten Gewerkschaften zu verwirklichen gehabt,

wie sie in der Schweiz durch das oft erwähnte Friedensabkommen

in der Metallindustrie weitgehend erreicht wurde. Dagegen lebten

in Deutschland die überwundenen Denkformen des Liberalismus

und des Marxismus wieder auf — nicht etwa als Volksbewegungen,

sondern als von maßgeblichen Kreisen gesteuerte Reaktion auf die

Katastrophe des zweiten Weltkrieges. Die Vorstellung von einem

Marktmechanismus vorausbestimmter Harmonie und auch die neo-

liberale Ansicht, daß diese Harmonie durch eine Fülle staatlicher

Eingriffe herzustellen und zu sichern ist, liegt den praktisch

in der Wirtschaft tätigen Unternehmern und Arbeitern zu fern,

als daß sie sich dafür begeistern könnten. Andererseits wenden Po-

litiker und Gewerschaftsfunktionäre offenbar die Erfahrung an, daß

man vom Klassenkampf durch fortgesetzte Abwandlung der Parolen

des Marxismus materiell und geistig auskömmlich leben kann.

Auch war die marxistische Denkweise von Schriftstellern nicht

überwunden, die die Menschen von vornherein nach dem Besitz

von Produktionsmitteln in Kapitalisten und Proletarier einteilen.