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gung des Einzelnen in die höhere Ganzheit ist das Thema der
„Ausblicke auf eine ganzheitliche Erziehungslehre“, die den Unter-
titel „Lebenskunst und Eingliederung in die Gesellschaft“ tragen.
Hier finden sich Kernsätze, die wohl von jedem Pädagogen von
Rang anerkannt werden. Die Umgestaltung und Umgliederung
der Gesellschaft setzt die Anerkennung höherer Werte voraus, wozu
entsprechende Führung und Vorbilder leiten sollen. Nachdrücklich
fordert Spann Strenge gegen sich selbst, Sammlung und Versen-
kung. Auch diese Beiträge und insbesondere der Beitrag über die
Erziehung ist für die Gegenwart (1967) von besonderer Bedeu-
tung, da die zerstörenden und dämonischen Kräfte unsere gesamte
Kultur bedrohen.
Die „Bemerkungen zu Max Weber’s Soziologie“ sind zunächst
eine Besprechung des im Jahre 1922 erschienenen III. Bandes des:
Grundriß der Sozialökonomie: Wirtschaft und Gesellschaft. Es wäre
jedoch ein Irrtum, ihnen nur eine vorübergehende Bedeutung bei-
zumessen. Sie sind vielmehr im Zusammenhange mit den anderen
Beiträgen zur Gesellschaftslehre, die zwar später veröffentlicht wur-
den, aber systematisch vorangehen, und daher in ihrer grundsätz-
lichen Bedeutung zu sehen: als Auseinandersetzung mit der natur-
wissenschaftlichen Verfahrensweise in den Sozialwissenschaften. Dem
entspricht es, daß Othmar Spann sich mit der ihm eigenen Entschie-
denheit im Jahre 1923 gegen einen der prominentesten Soziologen
gewandt hat und seine Ausführungen erweitert im Jahre 1925 in
der zweiten Auflage seines Werkes: Tote und lebendige Wissen-
schaft, Jena 1925 (in der 3. und 4. Auflage wurde die Abhandlung
„Bemerkungen zu Max Weber’s Soziologie“ wieder weggelassen)
und in dem vorliegenden Sammelband in dessen kritischem Erschei-
nungsjahr 1934 wieder zum Abdruck brachte.
Obwohl seither mehr als zwei Jahrzehnte verstrichen sind,
haben Spanns Ausführungen an Aktualität nichts verloren. Hierzu
hat der Umstand beigetragen, daß die einhundertste Wiederkehr
des Geburtstages von Max Weber mehrere Veröffentlichungen, ins-
besondere der Verhandlungen des 15. deutschen Soziologentages
in Heidelberg im Jahre 1964 veranlaßt hat. Anhänger und Ver-
ehrer von Max Weber brachten bei dieser Gelegenheit Ausführun-
gen, die — offenbar und unwidersprochen — dem Geiste ihres