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über wundern? und sollte ich ohne Verdächtigungen und persön-

liche Verunglimpfungen davonkommen?

Ich übergehe die gegnerische Aufnahme meiner weiteren Bücher

(im völkischen Lager war ich ja damals anerkannt), die Stöße von

Zeitungsausschnitten, die Haß und nichts als Haß atmeten, und

komme zur Gegenwart.

Heute ist der marxistische und liberale Gegner ausgeschieden (ob-

gleich heimlich noch emsiger am Werke als mancher glaubt!); nur

die Gegner von der Zentrumslinie sind geblieben und — wäre es

möglich, es zu verschweigen, ich würde es aus Scham verschweigen

— die völkischen Gegner sind hinzugekommen! Heute reicht die

Schlachtreihe der Gegner von dem „Christlichen Ständestaat" in

Wien und dem Wiener Bildungsreferenten, der meine „Haupttheo-

rien der Volkswirtschaftslehre“ aus den städtischen Büchereien

entfernte, bis zum Grafen Reventlow, dem ehemaligen Alldeut-

schen, in Berlin und zu den berufenen wie unberufenen Unterfüh-

rern des neuen Deutschland.

Ich muß es erleben, daß diejenigen, für die ich kämpfte, sich nun

ohne Grund gegen mich wenden, und zwar mit noch unehrlicheren

Waffen, noch unverständigeren Mißverständnissen als die früheren

Gegner.

Aber wem mein Leben und mein Werk nicht für mich spricht,

mit dem zu rechten, ist nicht meine Aufgabe. Und was sollte ich

vollends dazu sagen, daß ich dasjenige, was ich zeitlebens be-

kämpfte, dessen wissenschaftlicher Widerlegung mein Lebenswerk

galt, nun angeblich selber vertreten soll: Klassenkampf, Marxismus,

Ultramontanismus, Arbeiterfeindlichkeit, finstere Reaktion, Tren-

nung des Staates vom Volke, Zerreißung des Volkes in Klassen

und Stände, Internationalismus, hohlen Intellektualismus!

Das ist der Gipfel der Verkehrung, der Gipfel des Unsinns, ein

Satyrspiel der Geschichte!

Was enthalten denn meine Lehren, auf was zielen sie ab? Darauf

kommt es doch an! Meine ganze Kraft, mein Lebenswerk galt einer

soziologischen Lehre, deren Ziel ist: die B e g r ü n d u n g d e r

G e m e i n s c h a f t . Den Begriff der Gemeinschaft wollte ich ge-

gen jenen eitlen und falschen Begriff des Einzelnen stellen, aus wel-

chem theoretisch und geschichtlich in der Wirtschaft der liberale