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die Gesamtwürdigung Kants durch Spann im „Philosophenspiegel“,
dann scheint die Kritik Kants in der Gesellschaftsphilosophie als
nicht genügend begründet.
8.
Die erste Auflage enthält nicht den lehrgeschichtlichen Absatz
über den Begriff der Liebe in der Sittenlehre (Seite 209 der zweiten
Auflage). Mit der ausführlichen Behandlung des Begriffes der Liebe
in der zweiten Auflage schließt sich Spann näher an die alte Tradi-
tion (Platon und die christliche Philosophie) an.
9.
Ebenso ist in der zweiten Auflage das Kapitel „3. Ichheit oder
Persönlichkeit“
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neu. Spann hat es mit Handschrift geschrieben.
Dadurch wird seine bisherige Lehre von der Persönlichkeit (insbe-
sondere „Kategorienlehre“, § 29) fortgebildet und vor allem der
Zusammenhang zwischen den Begriffen Freiheit, Spontaneität und
Selbstsetzung in helles Licht gerückt.
10.
Die Kapitel A—C des Abschnittes „Besondere Sittenlehre“
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der zweiten Auflage sind textlich erheblich umgearbeitet und ver-
bessert. In sachlicher Beziehung sei erwähnt, daß die Tafel der Sinn-
lichkeit (Seite 228 der zweiten Auflage) in der Weise ergänzt
wurde, daß zum Begriffe der „Reinheit“ als Zustand der Vollkom-
menheit noch der Begriff der „Gesundheit“ dazukommt.
11.
Die Sozialphilosophie des „Leidens“, die wohl auch schon in
der ersten Auflage enthalten ist, wurde in der zweiten Auflage
durch eine besondere Überschrift — „IX. Das Leiden“ — herausge-
hoben. Der letzte Absatz dazu, die Kritik der hedonistischen Ethik,
ist in der zweiten Auflage neu
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.
12.
Das Kapitel „X. Von der Freude“
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ist in der zweiten Auf-
lage neu.
Es wird damit dem Hedonismus und Utilitarismus eine Philo-
sophie der Freude als eines m e t a p h y s i s c h e n Grundbegriffes
der Ethik entgegengestellt. Damit bestätigt die Philosophie Othmar
Spanns den für jede idealistische Philosophie bezeichnenden optimi-
stischen Grundzug. Dieser Optimismus ist nicht sozialutopisch,
sondern metaphysisch begründet. Das Lehrstück von der Freude ist
ein besonders schöner Beleg dafür.
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