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Die frühere Auffassung wird in der ersten Auflage (Seite 113 bis
114) mit folgenden Worten ausgedrückt:
„Wenn es nur verschiedene Unterkategorien der Ebenbildlichkeit
sind, durch welche die Erscheinung der Gliederung in Teilganze
sowohl wie die Gliederung nach Gattung und Art begründet ist,
dann kann keine von diesen beiden Erscheinungen beanspruchen,
begrifflich das Erste zu sein. Seitengliederung und Tiefengliederung,
als die Darlegungsweisen der Ebenbildlichkeit gefaßt, können ein-
ander gegenüber keinen Vorrang beanspruchen.“
Die Spekulationen Spanns über diese Frage und ihre Entwicklung
lassen sich in zeitlicher Reihenfolge durch das Studium des § 13
der „Kategorienlehre“ (2. Auflage, Jena 1939) und sodann durch das
Studium des fünften Abschnittes des zweiten Hauptstückes des
dritten Teiles beider Auflagen der Gesellschaftsphilosophie verfol-
gen.
Es sei an dieser Stelle vermerkt, daß dieses Thema nicht ein sub-
stanzloses Gedankenspiel der „Ganzheitsscholastik“ ist. Diese Frage
ergibt sich aus dem Wesen des Geistes, aus der ganzheitlichen Kate-
gorie des Ranges („Kategorienlehre“, § 14) und dem Wesen der
menschlichen Gesellschaft.
Wegen der Wichtigkeit des Themas wäre daher bei der Fort-
bildung eine größere Ausführlichkeit wünschenswerter als die weni-
gen Sätze (Seite 178 der zweiten Auflage). Hier ist also ein wichti-
ges Teilstück der Lehre noch nicht abschließend behandelt.
7.
Spann hat in der ersten Auflage im Zusammenhange mit seiner
Kritik der „formalen“ Ethik Kants (Seite 130) Max Scheler und
Nicolai Hartmann als „rühmenswerte Ausnahmen“ bezeichnet, weil
sie an die Stelle des „formalen“ Pflichtbegriffes den Wertbegriff
setzen. In der zweiten Auflage (Seite 202) ist diese Stelle aus dem
Haupttext herausgenommen und in die Fußnote gesetzt worden.
Bezeichnenderweise ist dabei das schmückende Beiwort „rühmens-
wert“ für Scheler und Hartmann nicht mehr wiederholt worden.
Die Überlegungen Spanns über den Pflicht- und Wertbegriff
waren auch zur Zeit der Verfassung der zweiten Auflage noch nicht
abgeschlossen. Wohl wird die grundsätzliche Ablehnung der „for-
malen“ Ethik Kants noch beibehalten. Die mitgeteilte Textände-
rung scheint aber für eine Minderung der früheren Übereinstim-
mung mit Scheler und Hartmann zu sprechen. Berücksichtigt man