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durch die Gezweiung ergibt sich als die unmittelbare g e s c h i c h t -
l i c h e R ü c k v e r b u n d e n h e i t d e s E i n z e l n e n jene,
welche im Gesamtgeiste der Gesellschaft, schließlich der Menschheit,
stattfindet; und erst eine höhere (ekstatische) Rückverbundenheit
ist es, die zur Abgeschiedenheit im Sinne des Meisters Eckehart, zur
Rückverbundenheit in Gott, führt.
Damit löst sich die Frage des Verhältnisses von Einzelnem und
Ganzem in der Geschichte, und zwar auch im Falle der Zusammen-
brüche der Ganzheiten. Denn es muß zwar das Ganze weitergehen,
während die Einzelnen kommen und gehen — aber mit welchen
unendlichen Schwierigkeiten, welchen unaufhörlichen Rückfällen
und Abstürzen: weil das Ganze auf die Darstellung in den Gliedern
angewiesen ist. Zweierlei ist / hier zu erkennen: Erstens die
B r ü c h i g k e i t i n d e r G e s c h i c h t e . Alles in der Ge-
schichte ist brüchig, die Ganzheiten als solche und die Einzelnen als
Glieder. Selbst das Beste wandelt sich, weil es nicht vollkommen
geboren werden kann. Nur in der vollkommenen Gesellschaft
könnten alle vollkommen sein, aber weder ist die Gesellschaft voll-
kommen, noch würden in ihr alle von der Vollkommenheit der
Gliedschaft Gebrauch machen. Darum geht die Geschichte von
einem Absturze zum anderen — aber sie geht nicht zu Grunde. Sie
erhebt sich wieder. Das ist das zweite: N a t u r u n d G n a d e .
Die Gnade erhebt die Geschichte immer wieder. Nur wenn Höheres
in die Geschichte einströmt, wird sie vor dem Untergange bewahrt.
Die Gnade in der Geschichte ist aber nicht ohne Natur. Die Gnade
ist kein D e u s e x m a c h i n a , sie stützt sich auf die Natur.
C.
Die g r o ß e n M ä n n e r u n d i h r e G e g e n s p i e l e r
1.
Der Schöpfergeist
Die Träger der Ganzheiten und ihrer Spannungen sind die Ein-
zelnen. Aber die breite Menge tritt zurück. Nur der seltene Schöp-
fergeist ist der wahrhafte Träger der Geschichte. Platon, Fichte,
Schelling, Hegel, Baader, die Romantiker, Carlyle, Nietzsche und
manche andere haben dies erkannt. Hegel sagt, der große Mann sei
der „Geschäftsführer des Weltgeistes", derjenige, der tut, „was not