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der Zeit wäre, die Zeit es aber nicht hören will, oder nicht zu hören vermag,

weil sie dafür „nicht reif“ ist (und welche Zeit wäre „reif“, wäre ohne Ent-

artung?). Dann wird diese Umgliederungsmacht nicht durchgreifen. Es muß

daher, das ist gegenüber Hegel zu bedenken, die Auswirkung der geistigen oder

anstaltlichen Taten des Schöpfergeistes keinesfalls alsbald erfolgen. Platon und

Aristoteles sahen, wie ihre Zeit durch Demokratie und Sophistik dem Unter-

gange zueilte. Sie erkannten die Rettungsmittel, aber sie mußten ohnmächtig

Zusehen, wie der Verfall fortging. Trotzdem wird niemand behaupten, daß sie

nicht große Männer, ja Menschheitsführer waren. Die Größe ihrer Gedanken

wirkt bis heute, aber sie wurden erst später, etwa seit der neuplatonischen Zeit,

zu „Geschäftsführern des Weltgeistes“. Was der große Mann tut, muß nicht

immer „an der Zeit“ sein. Die Größe muß groß an sich selbst sein, und man

muß ihrer Umgliederungsmacht auch Zeit lassen können.

In dem Roman „Der Tod des Dichters“ (1834) schildert Johann Ludwig Tieck

den großen Portugiesen Luizde Camoens (1524—1580), der, nach einem elenden

Lebensabend allgemein / für tot gehalten, dann berühmt wird, vor seinem

wirklichen Tode aber plötzlich erscheint, sich zu erkennen gibt und nun als der

Große, der er ist, anerkannt wird. Sterbend empfängt er jene Huldigung, die

ihm das Fortwirken seiner Schöpfung verbürgt.

Tieck läßt damit den großen Mann nach seinem eigenen Tode auftreten und

sein Leben überblicken. Er zeigt ihn uns, wie er dann die Welt vorfindet: nicht

daß sie ihm nach dem Tode Ehren bereitet, die man ihm während seines blü-

henden Wirkens vorenthalten hatte, ist wesentlich; sondern daß s e i n W e r k

l e b t u n d w i r k t und in das fortgehende Schicksal gestaltend eingreift, das

ist es, was er als die Wahrheit und den Wert seines Lebens erkennt. Sieht man

es als verhältnismäßig nicht entscheidend an, ob dieses Eingreifen in den Gang

der Zeit zu Lebzeiten des großen Mannes, bald darnach oder noch später erfolgt,

so ist mit der Erzählung Tiecks das e i n z i g W e s e n t l i c h e u n d W i r k -

l i c h e d e r G e s c h i c h t e a u s g e s p r o c h e n . Dieses gestaltende Ein-

greifen, das W e i t e r g e b e n d e r g e s c h a u t e n I d e e , ihre Einfügung

in den Umgliederungsgang ist das Wesentliche. Denn was im Großen weithin

sichtbar ist, fehlt auch im Kleinen und im Kleinsten nicht. Ja es fehlt auch bei

dem bösen und schlechten Wirken nicht, das in der Folge mißgestaltend und

zerstörend sich geltend macht.

Voraussetzung für Eingebung und Umgliederungsmacht ist

H i n g a b e . Sie setzen wir an die Stelle der „List der Vernunft“,

Hingabe, Dienst, „Opfer“ allerdings nicht im individualistischen

Sinne, dem Hingabe ein Unbegriff bleibt. Denn wer sich selbst ge-

nug ist und seine geistige Wirklichkeit sich selbst verdankt, wäre

ein Narr, etwas davon herzugeben; Hingabe im universalistischen

Sinne bedeutet dagegen, daß der Mensch kraft der Gezweiung nur

in der Durchdringung mit der Ganzheit geistige Wirklichkeit er-

langen kann. — Die Verkennung des Opfersinnes jedes echten

Schöpfergeistes hat dazu geführt, den „Machtsinn“ zu seinem Merk-

zeichen zu machen; so Burckhart in seinen „Weltgeschichtlichen