[33/34]
45
D. Der G o t t e s d i e n s t
Aus dem Erlebnis Gottes als des unaussprechlich Überlegenen
folgt von selbst das Bestreben, sich Gott durch besondere Ver- /
anstaltungen zu nähern. Der Gottesdienst tritt überall als G e b e t
und O p f e r in Erscheinung, er ergibt sich aus allem Vorstehenden
von selbst als eine notwendige F o r m d e r K o n k r e t i s i e -
r u n g des Verhältnisses des Menschen zu Gott, indem er zugleich
die Beständigkeit und Übung des Menschen in diesem Verhältnis
verbürgen will.
Auch der düsterste Zweifler muß bedenklich werden, wenn er
ernsthaft die inneren Notwendigkeiten des religiösen Lebens be-
trachtet, welche in den soeben überblickten Kategorien sich kund-
tun.
Sie zeigen den Weg des M e n s c h e n z u G o t t .
In allen Zeiten, bei allen Völkern, unter allen Zonen, in hohen
und niederen Bildungsstufen erweist die Religionsgeschichte, auch
durch Entstellungen und Entartungen hindurch, diesen Weg als
durch dieselben Urweisen oder Kategorien bezeichnet.
Im folgenden werden wir diesen Urweisen daher immer wieder
begegnen und sie wiederholt, namentlich aber als Grundlagen des
Konkreten und Realen in den Religionen, zu betrachten haben.
Gibt es nun Urweisen oder Kategorien, welche allen Religionen
gemeinsam sind, so haben wir in ihnen wohl das, was man die
Religiosität in allen Religionen nennen muß, aber keineswegs auch
schon die schier unerschöpfliche Fülle der konkreten Erscheinungs-
formen der Religionen in der Geschichte.
Woher kommt das Reale und Konkrete im Verhältnis des Men-
schen zu Gott? Wie ist die ungeheure Verschiedenheit dieses Realen
und Konkreten zu erklären? Das ist die große Frage der Religions-
philosophie, ohne deren Lösung sie über den Wahrheitsgehalt der
vielen geschichtlichen Religionen keine Auskunft geben kann.
Wir sehen, wie früher schon dargelegt, die Quellen der Religion
und ihrer Ausgestaltungs- oder Konkretisierungsformen 1. in der
Mystik, 2. in der Magie und 3. in der in den mystischen Zuständen
erfolgenden Offenbarung. Die Begründung wird sich später ergeben.
Jetzt wenden wir uns den genannten Quellen der Reihe nach zu. /