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Ursprung nicht aus der philosophischen Spekulation, sondern aus
der Mystik, und zwar aus der Kategorie der Einheit von Gott und
Welt, der Gleichung „göttlicher Seelengrund gleich Weltgrund“,
in Verbindung mit der Lichterfahrung des Mystikers.
Allerdings müssen zu diesen beiden mystischen Erfahrungen noch
ganz bestimmte, nachträgliche Deutungen und Erwägungen hinzu-
treten, um zum Begriff der Weltseele zu kommen.
Es kommt dabei unseres Erachtens vor allem darauf an, in
welcher Weise das mystische Lichterlebnis mit der Gottheit selbst
verbunden gedacht werde. Je höher der Begriff von Gott ist,
welchen die Religion, die philosophische Spekulation und die eigene
Deutung des Erlebten den Mystiker lehrte, umso mehr überträgt
er das übersinnliche Licht, „das fließende Licht der Gottheit“, wie
es Mechthild von Magdeburg nannte, aus dem tiefen Grund des
göttlichen Lebens selbst in die bloße „Glorie“, „Hülle“, „Herrlich-
keit“, das „Pleroma“ Gottes und von da in die Weltwirksamkeit
Gottes. Aber erst wenn diese Lichterfahrung mit der aller Mystik
gemeinsamen Lehre, wonach Gott auch der Seelengrund und der /
Weltgrund sei, verbunden wird, kann der bestimmte Begriff der
Weltseele entstehen.
Danach ist Gott in der geistigen S e e l e als ihr tragender Grund,
und wird durch das „Fünklein“, wie nicht zufällig Meister Eckehart
sagt, versinnbildlicht; und er ist zugleich in der W e l t , zwar nicht
als materielles Licht, jedoch als Urlicht, als „Urfeuer“, oder „Wel-
tenfeuer“, wie unter anderem Heraklit sagte, — und das eben ist
die Weltseele!
Die Weltseele ist wieder nach Stufen verschieden wirkend vor-
zustellen:
1.
Auf der geistigen Seelenstufe ist Gott noch er selbst. Das
„ F ü n k l e i n “ macht daher den Geist gottverwandt, ebenbildlich;
2.
auf der vitalen Stufe wird es zum „L e b e n s l i c h t“,
„A s t r a l l i c h t“ des Leibes erweitert;
3.
auf der materiellen Stufe endlich wird es zur W e l t s e e l e.
Wieso zur Welt s e e l e ? Insofern als das Urlicht, übersinnliche
Licht, Urfeuer oder Weltenfeuer auch die materielle Natur durch-
dringt und dadurch den belebenden, beseelenden, den tragenden
und hervorbringenden Seinsgrund der Welt bildet.