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Erst die Verbindung der mystischen Lehre von Gott als dem

Weltgrund (nicht nur Seelengrund) mit der mystischen Lichter-

fahrung macht es demnach verständlich, daß das an sich absolut

übersinnliche, göttliche Licht in einer anderen, niedrigeren Form

als die, die materielle Natur durchdringende Seins- und Lebenskraft

des Alls oder die „Seele“ des Alls gefaßt wird. (Es ist ein untrüg-

licher Beweis der mystischen Grundlage von Heraklits Philosophie,

daß aus dem Urfeuer die anderen Elemente, offenbar durch Ab-

schwächung, erst entstanden, nämlich Luft, Wasser und Erde.)

Da die Weltseele nicht Gott selbst ist, sondern das Innere, Tra-

gende der Welt, das lebenschaffende Feuer der Welt, durch welches

diese Dasein hat, sich bewegt und lebt, so ist mit dem Begriff der

Weltseele keineswegs notwendig ein P a n t h e i s m u s verbunden.

Gott geht danach nicht in der Welt unter, er vermischt sich auch

nicht mit ihr. Ebensowenig wie es Vergottung des Leibes ist, wenn

das Urlicht im menschlichen Leib zum „Lebenslicht“ (Vitallicht)

wird, wovon der Volksmund noch heute spricht und damit ein

uraltes mystisches Gedankengut bezeugt. Pantheistisch wird die

Lehre von der Weltseele erst dann, wenn sie es bei dieser bewenden

läßt, Gott vergißt und damit wohl die / menschlichen Seelen als

Funken dieses unpersönlich-allgemeinen Weltenfeuers auffaßt.

Von dem gewonnenen Standpunkt aus scheint uns auch erst

der antike Begriff des L i c h t ä t h e r s oder Äthers schlechthin

verständlich: Der Lichtäther oder Äther ist das Weltenfeuer, die

W e l t s e e l e a u f d e r S t u f e ü b e r d e r i r d i s c h e n E l e -

m e n t a r w e l t , daher diese innerlich tragend und durchwaltend.

Bei dem römischen Neupythagoräer P. N i g i d u s F i g u l u s z. B.

verband sich die stoische Lehre von dem die ganze Welt durch-

dringenden g ö t t l i c h e n V e r n u n f t f e u e r mit der Vor-

stellung, daß der Lichtäther das Feuer der S t e r n e entzünde

1

.

Die Vorstellung des Altertums, daß die G e s t i r n w e l t eine

Materie höherer Ordnung, das heißt eben eine Äther- oder Feuer-

materie sei, die wir bekanntlich auch bei Aristoteles finden (wo

sie das fünfte Element, die quinta essentia, bildet), hängt damit

ganz offensichtlich zusammen.

1

Vgl. Alfred Bertholet und Eduard Lehmann: Lehrbuch der Religions-

geschichte, Bd 2, 4. Aufl., Tübingen 1925, S. 476.