[244/245]
269
die Versenkung in Gott unterstützt, herbeigeführt werden. Daher
drücken die Entsprechungen, insbesondere die heilige Handlung, den
inneren Gehalt der Frömmigkeit aus; sie bilden die heilige Sage, den
theologischen Gedanken ab
1
.
Gerade damit aber sollen sie einen m a g i s c h e n Z w a n g aus-
üben, und zwar dahin, daß Gott die Teilnahme an seinem Leben und
daß er seine Gaben gewähre. Hier gilt wieder: „Das Himmelreich
leidet Gewalt“.
Daher soll mit der Opferhandlung auch der Gang der Natur be-
einflußt, das Gute in ihr gestärkt, das Dämonische, Böse geschwächt
werden, nicht nur vom Standpunkt der Fruchtbarkeit, auch von
dem der Sittlichkeit aus.
Heilige Handlungen im engeren Sinn sind die S a k r a m e n t e
u n d G n a d e n m i t t e l , vom Ritual nicht immer trennbar. Sie
sind göttliche Stiftung oder wollen es sein.
Versenkung und (damit verbundener) Verzicht sind das Ur-
sprüngliche, Entsprechung und magischer Zwang das Abgeleitete am
Opfer.
In der Versenkung haben wir die mystische Seite des Opfers vor
uns, im Verzicht die sittliche Seite, in den Entsprechungen, vor allem
in der heiligen Handlung mit ihrem Ritual, die magische Seite.
Das Wesentlichste ist und bleibt unseres Erachtens jedoch stets
die innere Aktion, die Versenkung, die Andacht. Diese Behauptung
widerspricht freilich der herrschenden Meinung, doch könnten wir
dafür vieles aus dem religiösen Schrifttum anführen. Wir begnügen
uns mit einem Hinweis auf das Li-Gi.
„Opfer ist nicht etwas, was von außen an den Menschen herankommt, es
kommt von innen her und hat seinen Ursprung in seinem Herzen. Wenn das
Herz tief bewegt ist, wird dem Ausdruck verliehen in den Zeremonien. Darum
kann nur ein tüchtiger und tugendhafter Mensch eine vollständige Darstellung
der Idee des Opfers geben“
2
.
Darüber hinaus kann aber die heilige Handlung, da sie gött- /
liche Stiftung ist, noch durch die Gnade wirken — ein Geheimnis
der wahrhaften Religion.
Von diesen drei Seiten aus — Versenkung, Verzicht, Handlung —
erkennen wir auch die E n t a r t u n g e n des Opfers: An die
1
Siehe unten S. 270.
2
Li-Gi, aus dem Chinesischen von Richard Wilhelm, Jena 1930, S. 22.