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Es sei mir erlaubt, ein persönlich miterlebtes Zeugnis von dieser
inneren Haltung zu erzählen: Einige Tage nach Ausbruch des letzten
Krieges führte mich eine Dienstreise zu Spanns Landheim. Eben
war die Sondermeldung von der ersten großen Kesselschlacht bei
Kutno durchgegeben worden. Spann, der gerade erst von den Fol-
gen seiner politischen Haft Genesene, der den Urheber des Krieges
als den großen Räuberhauptmann zu benennen pflegte, der nach
seinen Erfahrungen als Frontoffizier und Wirtschaftsberater im
Kriegsministerium während des ersten Weltkrieges den eben begon-
nenen Krieg von vornherein als verloren ansah, gab mir nun als
ein Sechzigjähriger seine Absicht kund, sich als Kriegsfreiwilliger
zu melden, da man kriegserfahrene Offiziere sicherlich brauchen
werde. Ich glaubte nun im Namen seiner Schüler dieser Absicht mit
allem Nachdruck entgegentreten zu müssen. Und bald habe ich
erfahren, daß damals freiwillige Meldungen ohnehin nicht ent-
gegengenommen wurden.
Aber so war Spann. Der innerste Grundzug seines Wesens war
Opfersinn. So verstehen wir auch seine immer wieder geäußerte
Hochschätzung einer so schlichten, aber heroischen Gestalt wie Grill-
parzers „Armer Spielmann“. Er selbst war in seinen Charakter-
zügen ein solch armer Spielmann, dem freilich reichste Geistesgaben
in die Wiege gelegt wurden. Und nur aus dieser Charakterhaltung
vermochte er uns als letzte seiner Gaben die Kunstphilosophie zu
hinterlassen: eine große Gabe nicht nur als Vollendung seines philo-
sophischen Lebenswerkes, sondern eine noch größere für die Kunst
und die Künstler der Zukunft.
Wie in der großen Kunst wurde in seinem Leben das Tragische
überstrahlt von einem himmlischen Frohlocken. Und am Schlusse
des allerletzten Gespräches, das ich mit ihm führte, kam er auf das
von ihm so sehr bewunderte größte deutsche Drama, auf Schillers
Werk von der heiligen Jungfrau, deren Schlußworte das ausspre-
chen, was er als letzte Aussage wahrer Kunst erlebte und was
zugleich dem in seinem irdischen Panzer eingeschlossenen Menschen-
leben als Verheißung ins Herz gelegt ist:
Der schwere Panzer wird zum Flügelkleide.
Kurz ist der Schmerz, und ewig ist die Freude!
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