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401

Dazu kommt z w e i t e n s , daß durch die vollkommene Dar-

stellung der Widerspruch des so dargestellten Teiles mit dem Gan-

zen aufgedeckt wird! Die vollkommene (das heißt hier: die oft noch

besonders übertriebene) Darstellung des Inhaltlich-Häßlichen ist die

Entlarvung des Bösen, womit seine unheimliche Macht ja schon

gebrochen ist! Gerade dadurch gewinnt der Begriff des Unholdisch-

Schönen große plastische Ausdruckskraft und ermöglicht es durch die

Kategorie der Rückverbundenheit zum ersten Male in der Geschichte

der Ästhetik, das Häßliche dem Schönen als einen Teil einzugliedern.

Und d r i t t e n s : Schelling hat eindrucksvoll ausgesprochen,

was jeder ganzheitlichen Kunstauffassung selbstverständlich sein

muß: „In dem wahren Kunstwerk gibt es keine einzelne Schönheit,

nur das Ganze ist schön. Wer sich also nicht zur Idee des Ganzen

erhebt, ist gänzlich unfähig, ein Werk zu beurteilen

1

.“

Das F r o h l o c k e n d - S c h ö n e u n d d a s T r a g i s c h -

S c h ö n e

2

werden von Spann dem Leser in einer gemeinsamen

Darstellung vor Augen geführt: eine zunächst abermals befremd-

liche, aber aus einer wahrhaft grandiosen Sicht heraus gesehene

Gemeinsamkeit! Die aus innerstem, persönlichem, an frohlockend

schönen und schmerzlich tragischen Schicksalsfällen so reichem Er-

leben gewonnene tiefe Einsicht Spanns liegt nun darin, daß das-

selbe, was wesenhaft für die große Kunst mit frohlockend schönem

Ausgang gilt, für jede große Kunst, auch für jene mit tragischem

Ende, gelten müsse! Denn auch hier ist die Erlösung des Helden das

letzte Ziel, zwar nicht mehr in dieser, aber in der folgenden essen-

tielleren Welt.

Es geht um das Verhältnis des Helden zur göttlichen und sitt-

lichen Weltordnung. Der Ursprung des Dramas ist der griechische

Gottesdienst. Als sein Urbild kann die Passionsgeschichte Christi

gelten. Davon berichtet das Evangelium, die frohe Botschaft, die

nicht nur wegen der Lehre, die sie verkündet, sondern auch nach

dem Leben des Heilands diesen Namen trägt. Das g a n z e Leben

endet nicht mit dem Tode. Aber die Haltung im Tode entscheidet

über das ganze Leben (über seinen jenseitigen Ausgangspunkt)!

Der H e l d v e r l ä ß t t r i u m p h i e r e n d d i e B ü h n e

d i e s e r W e l t ! Genau wie das christlich-österliche Auferste-

1

Schelling, W. W. I, V, S. 359.

2

Siehe oben S. 317 ff.

26 Spann, 19