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II. Die Frankfurter Zeit
Unverlierbar aus seiner letzten Studienzeit und seiner in dieser
angeknüpften Verbindung mit Schäffle wurde für Spann die Hinwen-
dung zu einem nicht-mechanistischen Gesellschaftsbegriffe, wenn er
auch immer die Grenzen der sogenannten organischen Gesellschafts-
betrachtung gekannt und streng zwischen dem gesellschaftlich-geisti-
gen und dem biotischen Ganzheitsbegriff unterschieden hat.
Wie erwähnt, nahm Spann 1903 eine Stellung in der von Christian
J. Klumker geleiteten „Zentrale für private Fürsorge“ in Frankfurt
an. Ihm oblagen dort statistische Arbeiten über die Lage der uneheli-
chen Kinder. Die daraus erwachsenen einschlägigen Veröffentlichun-
gen (erschienen im wesentlichen in den Jahren 1904 bis 1912) sind im
Schriftenverzeichnis angeführt. Die bedeutendsten darunter sind
jene über die Berufsvormundschaft, weil es sich dabei um ein echt
ganzheitliches Anliegen handelt; nämlich darum, die durch Unehe-
lichkeit meist nicht vollkommen entfaltete Familie — als ein gesell-
schaftliches Gebilde von großer Ausgliederungsfülle, reicher Inner-
lichkeit und entscheidender gesamtgesellschaftlicher Bedeutung —
durch eine Ersatzleistung, eben jene der Berufsvormundschaft, so
weit wie möglich zu vervollkommnen und damit die Gefährdung
der Familienglieder, besonders der Kinder, auf ein Mindestmaß
zurückzudrängen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse und wirk-
lichkeitsnahen Erfahrungen Spanns führten schließlich auch zu sei-
nem erfolgreichen Ringen um die Errichtung von Berufsvormund-
schaften in Mähren und Wien
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.
Die wichtigste Frucht dieser Frankfurter Jahre aber ist die Vorbe-
reitung der gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten
Spanns. Sie sind alle — schon mit der Dissertation beginnend — vor-
wiegend verfahrenstheoretischer Natur.
Sie leiten über zur Brünner Zeit und gipfeln vorerst in der Habili-
tationsschrift, auf deren verfahrenkundliche Bedeutung im Betreuer-
7
In den Bereich seiner statistischen Arbeiten gehört auch die Abhandlung: Erhebungs-
technische Probleme der österreichischen Volkszählung, in: Statistische Monatshefte,
N. F„ Jg 14, Brünn 1909.