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die Erleuchtung kommt. Erleuchtung ist dann die Schau des Agathon,

des Guten. Das ist aber ein seltenes Erlebnis.

Wenn Du mit einem Scheinwerfer die Finsternis abtastest, dann

ist Dir nur ein schmaler Gang, der eben im Licht liegt, zugänglich,

also nicht das Ganze. So ist es auch in der Mystik. Und noch eine

Erkenntis: mystische Einigung ist nicht von Dauer, sie muß daher

vom Menschen immer wieder von neuem erkämpft werden.

Der andere Weg führt über die Mania, die Ekstase; hier lauern

Irrwege, Abgleitungen, da muß dann die Ratio alles wieder unter die

Kontrolle bringen.

Die Mystik ist auch nicht an besondere Geistesgaben gebunden;

viele schlichte Menschen haben mystische Erfahrungen, und dem

Großteil der wissenschaftlich Gebildeten ist sie versagt, weil die

bloße Reflexion nicht zu ihren Quellen führt.

Eng verbunden mit der mystischen Erfahrung, als der wesentlichen

Quelle der Religion, finden wir die vielfältigen Konkretisierungen der

Religionen in der Geschichte, die die praktische Ausübung von Re-

ligiosität betreffen, hauptsächlich die Magie. Die Magie sozusagen ver-

knüpft „Theorie und Praxis“ und verkörpert dadurch beide.

Die Mystik ist das führende, unentbehrliche Element der Religion,

das „eigentlich Religiöse in der Religion“ (Bd 16, 263), die Magie

stellt den Beitrag zur Ausgestaltung der Religion dar.

Die von beiden (Mystik und Magie) abgeleiteten Kategorien zeigen

im Vergleich ihre Verschiedenheit, indem die ersteren (Gottesbewußt-

sein, Gottesverwandtschaft, Unsterblichkeitsbewußtsein) eher die

Grundlegung der Religion, die zweiten ihre Ausübung (Ritus) be-

treffen.

Zugleich aber kann eine Verbindung mystischer und magischer

Elemente in allen niederen und höheren Religionen und als eine

Form innerer Notwendigkeit aufgezeigt und festgestellt werden, z. B.

die Auffächerung in niedere und höhere Götter, was darauf schließen

läßt, daß ein ursprünglich vorhandenes hohes, mystisch ekstatisches

Bewußtsein, gesehen als ungeteiltes Einheitsbewußtsein von Gott und

Welt, im Verlauf des Prozesses der „Entekstatisierung“ sich abschwächt

zu einem magischen Bewußtsein, das schließlich zu einem verworrenen

Mystizismus werden kann, zur „hohlen Magie“ (Bd 16, 314).

In der empirischen Religiosität finden wir diesen Schwächungsvor-