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knüpfung an die große Tradition der Philosophie, Gesellschafts- und

Staatslehre: z. B. an die platonische Eroslehre und an die aristote-

lische Lehre vom Ganzen, das vor dem Teile ist.

I. Die ganzheitliche Lehre von Wesen und Bau der Gesellschaft

A . D a s W e s e n d e r G e s e l l s c h a f t

Angesichts des Ausganges von der geistigen Gemeinschaft der Ge-

zweiung stellt sich die Gesellschaft als eine unendlich bunte Fülle

solcher kleiner Einheiten dar, die aber jeweils in höhere geistige und

handelnde Zusammenhänge befaßt sind. Trotzdem ist die Gesell-

schaft alles andere denn ein chaotischer Haufen, vielmehr ist Gesell-

schaft geistige und handelnde Ganzheit; ist Einheit und Gleichartig-

keit des Geistes und des Handelns. Allerdings nicht Einheit und

Gleichartigkeit schlechthin, sondern Einheit, die in sich Verschieden-

heiten trägt; Gleichartigkeit, die Ungleiches befaßt, verhältnismäßig

Ungleiches.

Alle Ganzheit stellt sich in Teilganzen, Unterteilganzen und Glie-

dern dar; ferner in Stufen und Unterstufen. Ähnlich wie der Körper

in Organsystemen, Organen und ihren Zellen — allerdings gilt vom

Bilde des „organischen“ Aufbaues der Gesellschaft, daß Gesell-

schaft eine andere Art von Ganzheit ist als die biotische Ganzheit des

Leibes.

Gegenstand der Gesellschaftslehre sind geschichtliche Gesell-

schaften, und zwar vor allem jene mit der reichsten Fülle geistiger

Gemeinsamkeit und verhältnismäßiger Geschlossenheit des Handelns,

nämlich die Volkstümer und Kulturkreise.

Jede geschichtliche Gesellschaft zeigt nun folgende große L e -

b e n s k r e i s e :

(1) Die geistursprünglichen Teilganzen: das sind Religion, Philo-

sophie, Wissenschaft, Kunst.

(2) Den Bereich der Sinnlichkeit oder Vitalität.

(3) Die Teilganzen der Wiedervervollkommnung und Wertbe-

stimmung: Sittlichkeit und Recht.

(4) Die abgeleiteten geistigen Teilganzen, z. B. Freundschaft und