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gesellschaftlicher Lebenskreis, endlich Stand, sind also gleichbedeu-
tende Begriffe.
Man muß sich also bei diesem Begriffe „Stand“ von den üblichen
Bedeutungen loslösen und nicht an Adelsstand, Grundherrschaft,
Bürgerstand, Berufstand, Offiziersstand, usw. denken. Eher an das
lateinische Wort Status, das die durch die Verrichtung bestimmte
Stellung im Ganzen und dessen Ordnungszustand als solchen bezeich-
net. Man kann diesen ganzheitlichen Begriff des „Ständischen“
nicht verbeispielen an einer bestimmten historisch festgelegten
Gesellschaftsform, auch nicht der mittelalterlichen. Das ist sicherlich
ein gewisser Nachteil dieser Begriffsgebung, daß sie leicht festgelegte
Gedankenverbindungen auslöst. Leider kann keine Theorie diese
Gefahren ganz ausschließen. Spann wollte ja auch anfangs statt des
Terminus „Universalismus“ den Terminus „Sozialismus“ wählen —
was wegen dessen Festlegung ebenso unmöglich gewesen war.
Wesen des Standes ist, eine bestimmte Art der Ganzheit oder
diese arteigen auszudrücken, diesen arteigenen Teilinhalt der Ganz-
heit darzubringen, ein Darbringen, das die Verrichtung für die Ganz-
heit oder die Leistung des Standes in der Ganzheit bedeutet.
„Stand“ bedeutet daher:
(1) Ausdruck von Ganzheit zu sein.
(2) Arteigener Ausdruck von Ganzheit, ein bestimmter Leistungs-
oder Lebenskreis der Ganzheit zu sein.
(3) In gliedhafter Gegenseitigkeit oder Entsprechung Stand unter
anderen Ständen zu sein.
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2. Geistiger Stand und handelnder Stand
All das wird noch deutlicher durch die U n t e r s c h e i d u n g
v o n g e i s t i g e m u n d h a n d e l n d e m S t a n d . Für Spann
ist die Gesellschaft zunächst geistige Wesenheit. Sie gliedert sich da-
her zunächst in die geistursprünglichen Teilganzen aus: Religion,
Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Sinnlichkeit. Jene Lebenskreise, in
denen die Inhalte der Kultur zur Erscheinung kommen: die geistigen
Stände.
Aber alles Geistige muß sich im Handeln verwirklichen: