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schauen der Werte zu jeweils niederen begründet die Welt der Überordnung über
Niederes, und dieses Überordnungs- / Verhältnis ist dann der Stoff reiner
Wertbetrachtung, einer richtenden, der wirtschaftlichen, mittelhaften Betrachtung ganz
entgegengesetzten (z. B. Ethik, Rechtswissenschaft); denn als geltende, als nur unter sich
hinunterschauende, sind sie in sich ruhende Werte, Selbstbestand, kommen sie als
schlechthin Wertvolles zur Betrachtung (so nicht nur das Logische, das Schöne, sondern
auch die Maschine, sofern ihre Herstellung „Ziel“ ist und Rohstoffe, Arbeitsleistungen
usw. Mittel dafür).
Indem der Mittelbegriff in einen teleologischen Beziehungsbegriff (man könnte auch
sagen: g 1 i e d 1 i c h e n Beziehungsbegriff) verwandelt wird — die Beziehung zum
höheren Zweck ist es ja allein, die ihn ausmacht —, wird die Gefahr der Substanziierung
des Mittels vermieden. N i c h t d i e S u b s t a n z i s t e s , w a s d a s
M i t t e l z u m M i t t e l m a c h t (z. B. die eiserne Materie des Hammers),
sondern immer nur die Beziehung als Vorzweck, als Vorstufe zum Zweck. Wenn wir
dennoch von „Sachdingen“ als Mitteln sprachen, so ist dies eine bildliche Bezeichnung;
denn nicht eigentlich die Stofflichkeit ist es, die in Frage kommt, sondern es sind
lediglich die spezifischen Mitteleigenschaften, die dieser Gruppe innewohnen, was zu
ihrer Absonderung als „Sachmittel“ führt, nämlich: ihre Eigenschaft, stets nur Vorzweck
zu sein (z. B. bei Rohstoffen, die stets nur erste Stufe von Mitteln sind). Denkbar ist
allerdings, daß auch Sachdinge statt der untersten eine höhere Stelle im System der
Werte einnehmen, etwa als Fetische. Wie indessen auch der technisch-substanzielle
Träger der Mitteleigenschaften beschaffen sei, das Mittel darf nicht als etwas Stoffliches,
sondern nur als G l i e d d e r W e r t o r d n u n g , als Vorzweck betrachtet werden.
Immer wieder muß ferner betont werden, daß nur bei jeweils g e g e b e n e r
Wertordnung feststeht, was Mittel sei und inwiefern. Nur bei gegebener Geltung aller
Werte kann der Wertcharakter und die Rangordnung aller Werte fest zur Erscheinung
kommen.
In der neueren Logik pflegt das Mittel recht unklar behandelt zu werden, zumeist
schlechthin als Inbegriff von Ursächlichkeit gefaßt zu werden (was auch ich früher getan
habe).
1
Auch Kant scheint bei oberflächlicher Betrachtung diese Auffassung zu stützen,
wenn er sagt: „Was ... bloß den Grund der Möglichkeit der Handlung enthält, deren
Wirkung Zweck ist, heißt das dazu unentbehrlich notwendige Mittel.“ An anderer Stelle
sagt aber Kant sehr richtig: „Wer den Zweck will, will (sofern die Vernunft auf seine
Handlungen entscheidenden Einfluß hat) auch das Mittel . . . Dieser Satz ist, was das
Wollen betrifft, analytisch. . .“
2
. Damit ist die notwendige G ü l t i g k e i t des Mittels
als V o r z w e c k zum höheren Zweck anerkannt, die Eingliederung des Mittels als
Vorzweck in die „Rangordnung“ der Werte; und damit wird auch die teleologische
Beziehung zum primären Element im Mittelbegriff, die Ursächlichkeit nur zur
Grundlage dieses Elementes.
1
Christoph Sigwart: Logik, 3. Aufl., Tübingen 1904; vgl. z. B. Bd 2, S. 251 ff., 596 ff.,
752 ff. und öfter.
2
Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (= Philosophische Bibliothek, Bd
28), Berlin 1870, S. 51 und 39.