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immer so. In den verhältnismäßig geschlossenen Hofwirtschaften der
früheren Zeiten war die Wirtschaft sehr beharrend (statisch), daher für
die Wirtschaftsvorbereitung hauptsächlich nur das Lehren in der Form
mündlicher Überlieferung und Unterweisung in Betracht kam
(Bevölkerungsvermehrung,
staatliche
Veränderungen,
Geldvermehrungen, neue Landnahme und dergleichen haben freilich
auch hier mächtige Veränderungen ergeben). In der mittelalterlichen
Stadtwirtschaft war schon / weit mehr Bewegung und auch infolge der
hohen Stufe der Handwerkskunst sehr viel zu lehren; der W
a n d e r z w a n g des Zunftgesellen diente dem Lehren wie dem
Erfinden; ähnlich die „Märkte und Messen“, in denen sich mehrere
Stadtwirtschaften kreuzten. In der modernen Volkswirtschaft sind die
Formen der Wirtschaftsvorbereitung und ihre Hilfsindustrien
vielfältigster Art, wie wir sie eben sahen. Ob auch sie einmal zur Ruhe
kommen wird? Diese große Frage möchte ich grundsätzlich bejahen.
Eine verhältnismäßig beständige Wirtschaft ist überall da, wo
organisierte Wirtschaft ist. Meines Ermessens wird es die
fortschreitende
Organisation
der
Erzeugung
(Kartelle,
Gewerkschaften!) und der Verteilung (Sozialpolitik!), die wachsende
Selbstversorgung, ganz besonders aber der Stillstand in der Bildung der
Marktgröße (Schutzzoll, staatliche Selbstversorgung) und anderes sein,
wovon die Verstetigung unserer Wirtschaft hauptsächlich abhängt.
Das Verbreiten und Lehren des schon Erfundenen kann als
W i r t s c h a f t s f o r t s e t z u n g bezeichnet werden. Mit dieser
Bestimmung dürfte das, was AdamMüller und nach ihm List mit Recht
so sehr betont und in den Vordergrund gerückt haben: die Bedeutung
der Überlieferung, das „Problem der Dauer“, der Verknüpfung des
Gegenwärtigen mit dem Vergangenen einen abgemessenen Platz in der
sachlichen Systematik der Volkswirtschaft gewonnen haben. Lehren
stellt die Werkreife der aktiven Mittel, der Arbeitskräfte in der
Wirtschaft dar. Die E r f i n d u n g i s t d i e U r e r z e u g u n g
d e s
L e h r e n s ;
d a s
L e h r e n
h a t
s e i n e
U r e r z e u g u n g i n d e r e r s t m a l i g e n M i t t e i l u n g
d e s E r f u n d e n e n a n a n d e r e . Der Erfinder, der Schöpfer ist
überall auch der erste Lehrer. Die allgemeine Form der Urerzeugung
im Lehren ist die Ausbildung des Lehrers.
Das Erfinden ist als W i r t s c h a f t s e r n e u e r u n g zu
bezeichnen. Aber es vollzieht sich nicht etwa nur in der Werkreife: es
vollzieht sich in jedem Teilganzen und auf jeder Stufe der Wirtschaft,