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folgerechtem, überblickendem Rangordnen der Mittel) ist es noch die geringere
wirtschaftliche Ausstattung, die gewisse gesellschaftliche Gruppen ins Leben
mitbekommen, welche Unwirtschaftlichkeit in einer anderen Abart, nämlich als
k o n s t i t u t i v e s Z u r ü c k b l e i b e n i n d e n M i t t e l n in sich
schließt. So erweisen sich die unehelich Geborenen als eine Gruppe von geringerer
Militärtauglichkeit, höherer Kriminalität, geringerer Berufsausbildung, was alles
zusammen heißt: von geringerer Wirtschaftsfähigkeit, von beziehungsweiser
Unwirtschaftlichkeit
1
. — Hierher gehört auch die Frage der Nichtausnützung der nur
halb Arbeitsfähigen, z. B. der durch Unfälle Verletzten und heute der Kriegsverletzten.
Diese Nichtausnützung ist unwirtschaftlich vom Standpunkt der ganzen Volkswirtschaft
ebenso wie von dem des betroffenen Einzelnen aus.
I.
Wirtschaftliche Unbeständigkeit oder Unwirtschaftlichkeit
aus vernunftwidrigem Nichtfesthalten des Wirtschaftsplanes
Die Unwirtschaftlichkeit im engeren Sinne haben wir oben dahin
entwickelt, daß sie auf Unausgeglichenheit der Rangordnung der Mittel
beruht oder ein Versagen der Neuordnung der Wirtschaft durch
gleichen Mangel darstellt.
Eine zweite Art von Unwirtschaftlichkeit besteht nun in jener
Wirtschaft, die auf einem Verstoß gegen den Spargrundsatz, also auf
Nichtfesthalten der aufgestellten Rangordnung beruht. Dieses
Nichtfesthalten oder die wirtschaftliche Unbeständigkeit ist von der
anderen Seite her gesehen: vernunftwidriger Wechsel der Ziele. (Daher
Unbeständigkeit zugleich ein Sonderfall der später zu behandelnden
Wirtschaftsumgliederung ist
2
.) Ein vernunftwidriger, sprunghafter
Wechsel der Ziele liegt dann vor, wenn dieser Wechsel nicht aus dem
Gültigkeitszusammenhang der Ziele selbst heraus folgt, sondern aus
Nichtaufrechterhaltung des Wirtschaftsplanes, aus einem Verstoß
gegen den Spargrundsatz. Solche unbeständige Wirtschaft besteht nicht
eigentlich in mangelhafter Ausgeglichenheit der Rangordnung,
sondern ist auch bei an sich richtiger Rangordnung möglich, weil sie
grundsätzlich nur von dem unlogischen / Schwanken der Ziele ausgeht.
Drastisch drückt dies der lustige Wiener Spruch aus: „Verkauft´s mei
G’wand, ih fahr in Himmel!“ Er sagt deutlich, daß jene Ziele, denen das
„Gewand“ gedient hat,
1
Vgl. meine Schrift: Die Erweiterung der Sozialpolitik durch die Berufsvormundschaft,
Tübingen 1912, in der ich die Ergebnisse langjähriger statistischer Untersuchungen über die
Unehelichen kurz zusammengefaßt habe.
2
Siehe unten S. 86 ff.