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dung des Metaphysischen geht über eine bloße „Abhängigkeit“ hinaus und ent-

hält auch ein Tätiges; ferner darf das religiöse Erlebnis, die übersinnliche Er-

fahrung, nicht als bloßes G e f ü h l verstanden werden, das dann nur psycholo-

gisch und subjektiv begründet wäre.

Streng ontologisch entwickelt H e g e l den Begriff der Religion. Religion ist

ihm „die Beziehung des Geistes auf den absoluten Geist [das ist den Welt-

geist] . .. Dies ist nicht bloß ein Verhalten des [individuellen] Geistes zum

absoluten Geist, sondern der absolute Geist selbst ist das Sichbeziehende...;

und höher ist so die Religion . .. das Selbstbewußtsein des absoluten Geistes. ..“

„So ist die Religion Wissen des göttlichen Geistes von sich durch Vermittlung

des endlichen Geistes.“

1

Was man auch an dieser Lehre (mit Recht) zu über-

prüfen findet, als ihr tiefer Sinn bleibt bestehen, daß das Übersinnliche, die

Gottheit selbst es ist, was den Grund der Religion im Menschen wirkt. Wie

auch M e i s t e r E c k e h a r t sagt: „Es ist zu wissen, daß das Eines ist nach den

Dingen: Gott erkennen und von Gott erkannt zu sein. . .“

2

, und „Gott wird

durch Gott erkannt in der Seele“

3

. — Ebenso B a a d e r

4

u n d S c h e

11

i n g

5

.

Die Ursprünglichkeit des Religiösen kann nun vom Standpunkte

eines subjektiven oder objektiven Idealismus aus verstanden wer-

den. Vom ersteren, dem auf Kant eingestellten Standpunkte aus,

heißt das: Das Religiöse in unserem Bewußtsein ist ein eigenes

A p r i o r i, ist vorempirischen, überempirischen Ursprungs (wie

Immanuel Hermann Fichte es ausdrückte), ist damit ein Normie-

rendes, ist ordo ordinans. Treffend hat Rudolf Otto, der mit

Troeltsch und anderen diese Ansicht des Religiösen als eines „Apri-

ori“ teilt, es ausgedrückt: „Religion geht nicht zu Lehen, weder

beim Telos noch beim Ethos.“ „Religion fängt mit sich selber an.“

6

Von dem Standpunkt des objektiven Idealismus aus, den auch

1

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Sämtliche Werke, herausgegeben von

Georg Lasson, Bd 12—14: Vorlesungen über die Philosophie der Religion, Teil 1:

Einführung in Hegels Religionsphilosophie, Leipzig 1926, S. 121 (= Philosophi-

sche Bibliothek, Bd 64).

2

Meister Eckehart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, anastatischer Neu-

druck der Ausgabe von 1857, Göttingen 1906 [3. unveränderte Aufl., Göttingen

1914], Kapitel VII, S. 38, Zeile 12 ff.

3

Meister Eckehart, Ausgabe Pfeiffer,... S. 38, Zeile 12 ff.

4

Franz von Baader: Sämtliche Werke, herausgegeben durch einen Verein

von Freunden des Verewigten, 16 Bde, Leipzig 1851—60, Bde 7—10: Gesammelte

Schriften zur Religionsphilosophie, Leipzig 1854—55, Bd 8, S. 231 f., Bd 9,

S. 111.

5

Vgl. auch Joseph Scheeben: Die Mysterien des Christentums, Nach Wesen,

Bedeutung und Zusammenhang dargestellt, 3. Aufl., Freiburg i. B. 1911, S. 628,

640 und öfter. Vgl. Franz Sawicki: Die Wahrheit des Christentums, 5. Aufl.,

Paderborn 1921, S. 33 ff., 218 ff. und öfter.

6

Rudolf Otto: Das Heilige, Uber das Irrationale in der Idee des Göttlichen

und sein Verhältnis zum Rationalen, 1. Aufl., Breslau 1917, S. 140 und 136.