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sondern bedeutet nichts anderes als das Hängenbleiben an den
Visionen des somnambulen Naturmenschen.
Nur Dogma und Mythos sind es, die wechselnden Inhalt in der
Religionsgeschichte zeigen, das letzte religiöse Grunderlebnis ist
überall von derselben Art. Auch hier begeht die naturalistische So-
ziologie den schweren Fehler, die ungeheure Vielfalt religiöser
Vorstellungen nur arithmetisch für sich hinzunehmen, ohne den
inneren Einheitspunkt im letzten Erlebnisgrunde aufzusuchen.
3. Der G o t t e s d i e n s t o d e r K u l t u s
Einen dritten Grundbestandteil bildet der G o t t e s d i e n s t
o d e r K u l t u s .
Die Bestandteile des Gottesdienstes sind wieder als subjektive und objektive
zu scheiden. Die subjektiven sind: G e b e t , G e l ü b d e u n d O p f e r ; objek-
tiv ist der Gottesdienst: die O p f e r o r d n u n g , das ist die Darstellung der
Heilsgeschichte. Alle diese Bestandteile zielen ihrem Wesen nach auf eine Ge-
meinschaft mit der Gottheit hin.
Für den Gottesdienst werden dienstbar gemacht alle dem jeweiligen Lehr-
begriff entsprechenden M i t t e l d e r K u n s t : Musik, Baukunst (Tempel),
Malerei, Plastik, Drama (Ursprung der Tragödie!), Lyrik, Darstellung des Gött- /
lichen in jeder Form. Auch die bilderstürmenden Dogmen verwehren anderen
Kunstmitteln nicht den Eintritt in den Gottesdienst. — Außer der Kunst wird
das r a t i o n a l e
M i t t e l : Belehrung, Predigt, Ausbildung der Theologie
und überzeugender Lehrbegriffe herangezogen.
In der Lehre und im Opfer, zu dem im weitesten Sinne jedes B r a u c h t u m
( Z e r e m o n i e l l , L i t u r g i e ) zu zählen ist, ist es, wo das Entstehen eines
eigenen P r i e s t e r s t a n d e s unter anderm verankert wird
1
.
Sinn und Wesen des Gottesdienstes sind tief begründet und be-
haupten sich selbst in verbildeten Formen naturalistischer Religio-
nen wenigstens noch in solchem Maße, daß ein Kern davon gerettet
bleibt. Ich möchte das Wesen des Gottesdienstes nach der subjekti-
ven Seite hin in den beiden Merkmalen: der V e r w i r k l i c h u n g
o d e r A k t u a l i s i e r u n g des Religiösen (Ausdruck, Darle-
bung) und der Ü b u n g im Religiösen beschlossen sehen. Die
Übung bringt eine gewisse Stetigkeit in das religiöse Leben, die
um so mehr gerade als „Gottesdienst“ erfordert wird, je weniger
die Religiosität abstrakt-philosophische Form annimmt (wie etwa
in den indischen Geheimlehren des Veda oder im echten Buddhis-
1
Vgl. unten S. 416 f.