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Schritt getan, in welchem die Wissenschaft entstehe

1

. — Auf dieser

Grundlage ergaben sich in der empiristischen und in der Windel-

band-Rickertischen Logik die folgenden bekannten Gegenüberstel-

lungen im Sinne unüberbrückbarer Gegensätze:

Das Allgemeine oder Generelle — das Einzelne, Besondere

oder Individuelle;

nomothetische Begriffsbildung — idiographische Begriffsbil-

dung, das heißt der Allgemeinbegriff ist Gesetzesbegriff im Sinne

der mathematisch-physikalischen Naturwissenschaften, der Indi-

vidualbegriff ist Ereignisbegriff des Individuellen im Sinne der

geschichtlichen Wissenschaft

2

;

/

Gesetz — Sonderfall des Gesetzes (der als konkreter Vorgang

oder einzelne, konkrete Auswirkung des Gesetzes nicht aus dem

A l l g e m e i n e n des Naturgesetzes abgeleitet werden kann,

sondern dazu nach Windelband noch einer konkreten, bestimm-

ten, z e i t l i c h g e g e b e n e n B e d i n g u n g bedarf

3

;

Beziehungsbegriff — Dingbegriff (der „Dingbegriff“ oder

Substanzbegriff“ ist in den „Relationsbegriff“ oder „Funktions-

begriff“ aufzulösen — so lautet das Schlagwort aller empiristi-

schen Logik)

4

.

1

Wilhelm Windelband: Präludien. Sammlung von Aufsätzen und Reden zur

Einleitung in die Philosophie (1883), 7. und 8. Aufl., Tübingen 1921, S. 155

und öfters. — Erst Windelband zeigte, wie bemerkt, daß die Erkenntnis des

Individuellen auch eigene Bedeutung habe, nämlich in der geschichtlichen Er-

kenntnis. Dies war ein erster großer Schritt, aber er behielt noch die empi-

ristische Vorstellung vom Wesen des Allgemeinbegriffes bei. Ebenso Heinrich

Rickert, der Windelbands Gedanken durchzuführen strebte.

2

Am Schlusse seiner Straßburger Rektoratsrede „Geschichte und Naturwissen-

schaft“ hebt Windelband den Gegensatz beider Begriffsbildungen nochmals als

einen unüberbrückbaren mit folgenden Worten hervor: „Das Gesetz [allge-

mein, nomothetisch] und das Ereignis [einzeln, idiographisch] b l e i b e n a l s

l e t z t e ,

i n k o m m e n s u r a b l e

G r ö ß e n

u n s e r e r

W e l t v o r -

s t e l l u n g nebeneinander bestehen.“ (Wilhelm Windelband: Präludien. Samm-

lung von Aufsätzen und Reden zur Einleitung in die Philosophie (1883), 7. und

8. Aufl., Tübingen 1921, S. 166. — Die Zusätze in Klammern und die Sper-

rungen stammen von mir. Spann.) — Das Gleiche bei Heinrich Rickert.

3

Wilhelm Windelband: Präludien. Sammlung von Aufsätzen und Reden zur

Einleitung in die Philosophie (1883), 7. und 8. Aufl., Tübingen 1921,

S. 158—160; vgl. die vorherige Anmerkung.

4

Vgl. z. B. Heinrich Rickert: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffs-

bildung (1902), 3. und 4. Aufl., Tübingen 1921, S. 51 ff.