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gemein — einzeln“, das heißt höhere Ganzheit — niedere Ganzheit,
daß also beide ebensowohl „generell“ wie „singulär“ sind; sodann,
daß „Allgemeinbegriff“ und „Einzelbegriff“ nur verhältnismäßig
verstanden werden können. „Mensch“ ist im ersten Beispiele Allge-
meines, weil befassend, im zweiten Beispiele konkret, weil befaßt.
Die Folgerungen gehen aber noch weiter! Es gibt in Wahrheit
keine allerunterste Ganzheit, die nichts mehr befaßte
1
. D a h e r
g i b t e s a u c h k e i n e n l e t z t e n , k e i n e n d u r c h a u s
k o n k r e t e n S i n g u l a r b e g r i f f . Das zeigt der Begriff
Otto I., des Großen selbst:
(3)
Otto der Große (Subjekt vieler Einzelhandlungen, und in
diesem Sinne / A l l g e m e i n b e g r i f f ) schlägt die Schlacht auf
dem Lechfelde ( E i n z e l b e g r i f f ) .
Hier sind Subjekt wie Prädikat geschichtlich unwiederholbare
Einzelne, aber das Urteil zeigt trotzdem dasselbe Gefüge wie das
„generelle“ und wie jedes Urteil überhaupt.
Auch an Urteilen anderer Art, wie: „Dieser Mensch ist weiß“
läßt sich dasselbe zeigen. Denn „Weiß“ ist nur in a n d e r e m Zu-
sammenhange (z. B. der Farbenlehre) ein Allgemeines, h i e r ein
Konkretes. Daß P r ä d i k a t e i n i h r e m b e s t i m m t e n
U r t e i l s z u s a m m e n h a n g e s t e t s K o n k r e t a s i n d , ist
von grundlegender Wichtigkeit für die Logik und auch für die
Ideenlehre
2
.
Aus all dem ergibt sich: daß in der Begriffsbildung nicht, wie
die empiristische Logik will, das Einzelne überwunden werden
müsse, um zum Allgemeinbegriffe als dem angeblich „Gemeinsa-
men" der Dinge zu gelangen; daß also das Allgemeine nicht verloren
und vergessen werden müsse, um den Individualbegriff zu bilden.
Vielmehr gilt: Das Einzelne wird behalten und bestätigt, indem
man zum Allgemeinen als zu seinem höheren Ganzen aufsteigt; das
Allgemeine wird behalten und bestätigt, indem man zum Einzelnen
als zu seinem Gliede herabsteigt. Der A l l g e m e i n b e g r i f f
i s t n i c h t l e e r , s o n d e r n h a t d i e g e s a m t e F ü l l e
1
Die Begründung dafür liegt in einem anderen Satze der „Kategorienlehre“:
„Nichts ist nur Mitte, nichts ist nur Umkreis“, der aber hier nicht verfolgt
werden kann. Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, 1. Aufl., Jena 1924, S. 254 ff.
[3. Aufl., Graz 1969, S. 245 ff.].
2
Vgl. unten S. 245.