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s e i n e r G l i e d e r p o t e n t i e l l i n s i c h
1
. Der Allgemein-
begriff ist logisch nichts grundsätzlich anderes als der Individual-
begriff, er schließt nur ein a n d e r e s Konkretum in sich als der
Individualbegriff, nämlich ein Konkretum, das in dem Stockwerk-
bau der Ganzheiten auf einer höheren Stufe steht. Das „ A l l -
g e m e i n e d r ü c k t n i c h t d i e G e m e i n s a m k e i t e n
v i e l e r E i n z e l n e r a u s , s o n d e r n e s d r ü c k t n u r
d e n S t u f e n w e r t e i n e r G a n z h e i t o d e r G a t t u n g
a u s . Die höchste Gattung, so sahen wir oben, ist notwendig ebenso
einzigartig wie die niedere und das letzte Glied. Sofern die höchste
Gattung niedere Stufen in sich schließt, ist sie allgemein, sofern dies
nicht der Fall ist, ist sie besonders, einzigartig. Darum ist Gott der
Einzigste, und doch zugleich auch der Umfassendste. Denn nichts ist
in der Welt, das nicht in seinem Schöpfergedanken enthalten wäre.
Es g i b t n u r K o n k r e t a l l g e m e i n e s . Das Reinallge-
meine wäre weder begrifflich denkbar, noch sinnlich vorstellbar. Das
Reinallgemeine oder „Abstraktallgemeine“ ist nur eine Hilfsvor-
stellung (Fiktion), die das Allgemeine abgesondert von dem unter
ihm befaßten Einzelnen betrachtet. Es g i b t n u r A l l g e -
m e i n k o n k r e t e s . Das Reineinzelne, Reineinmalige / ist nur
eine Hilfsvorstellung (Fiktion), die das Einzelne abgesondert von
seiner Ganzheit oder Allgemeinheit betrachten will, unter der es
befaßt ist, das heißt nicht als gliedhaft betrachten will
2
.
1
In der a r i s t o t e l i s c h e n Logik mit ihrer absteigenden Begriffsbildung
— vom genus proximum durch Hinzufügung der differentia specifica abstei-
gend zu immer niederen Artstufen — sind, richtig verstanden, die Forderungen
einer ganzheitlichen Logik erfüllbar. Desgleichen in der H e g e l i s c h e n Lo-
gik. (Vgl. unten S. 237.) Dagegen ist der neuere Versuch, von den „Axiomen“
auszugehen, unzulänglich. Axiome sind Allgemeinbegriffe, die dem letzten
Wesen jener Ganzheiten entstammen, die sie betreffen, daher können sie über
den Stufenbau der Ganzheiten nie hinausführen. Auch das „Fiktive“ an ihnen
muß in der Wirklichkeit seinen Grund haben.
2
Hier wie in der Urteilslehre, wie in der Gesellschaftslehre und auf allen anderen
Gebieten zeigt sich, daß der reine Nominalismus, Atomismus, Individualismus,
der das Allgemeine nicht anerkennen will, n i c h t e i n m a l i n G e d a n -
k e n durchführbar ist. Denn wenn im Urteil die Dinge nur als S u b j e k t e
gedacht werden, die als verhältnismäßige Einheiten Mannigfaltiges enthalten;
wenn in der Naturansicht (auch in der rein mechanischen) die Dinge als Aus-
druck des Waltens der N a t u r g e s e t z e gedacht werden — w i r d i m -
m e r d a s E i n z e l n e a l s i m A l l g e m e i n e n e n t h a l t e n g e d a c h t .
Es wird in Wahrheit immer „realistisch“, nicht nominalistisch gedacht!