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Diese Vereinzelung, diese F e h l l e i t u n g d e r B e g a -

b u n g s e n t f a l t u n g e n allein erklärt es, daß bei allen ungeheu-

ren Fortschritten von Technik, Verkehr und Wissenschaft, welche

das letzte Jahrhundert erlebte, jener Vorgang, den man als „Ameri-

kanisierung“ bezeichnet und der zuletzt auf geistige Verödung hin-

ausläuft, so allgemein um sich greifen konnte, und daß er auch das

noch vor hundert Jahren so hochstehende deutsche Geistesleben zu

zerrütten und in den Grundfesten anzugreifen vermochte. Das

Amusische, das Entgeistete, das Chaotische, ja Verwilderte der

Großstädte und der großwirtschaftlichen Zentren, in d e n e n

d o c h d i e B e g a b u n g e n d e r g e s a m t e n V o 1 k h e i t

h e u t e a n g e s a m m e l t s i n d , wäre in der Tat nicht möglich,

wenn die geschilderte Fehleinsetzung der Begabungen nicht statt-

fände und lebendige Gemeinschaften bestünden, welche die neu Her-

angezogenen immer wieder in sich aufnehmen könnten.

Als das erschreckende Ergebnis dieser Vorgänge ist also festzu-

stellen, daß nicht nur flaches Land, Kleinstadt und Kleinwirtschaft

und andere Gebilde von Begabungen a u s g e l a u g t werden, son-

dern daß Großstadt, Großwirtschaft und die andern auslaugenden

Gebilde diese kostbaren Begabungen nicht in lebendige Gemein-

schaften einzugliedern vermögen, sie vielmehr nur äußerlich an-

h ä u f e n und dadurch geistig schwächen, ja zum Teil austrocknen.

Wie ungleich weiser sind die alten Zeiten kraft ihrer entmittenden

Ordnungen mit den Begabungen umgegangen!

C.

Richtige Führerverteilung gegen Auslaugung und Anhäufung

Das Bild, das wir zeichneten, läßt schon erkennen, wo der Hebel

anzusetzen wäre. Doch bedarf es noch einiger ergänzender Striche.

Die vollkommene Gesellschaft kennt den Vorgang der Auslau-

gung nicht. Denn Auslaugung beruht, wie sich zeigte, auf n i c h t -

w e s e n s g e m ä ß e r Auflösung, auf Entgliederung von Gemein-

schaften. Das Wesensgemäße ist vielmehr eine organische Umglie-

derung und ferner eine solche Verwendung der Begabungen, welche

die h ö h e r e B e g a b u n g i n d a s ü b e r h ö h e n d e G e -

rn