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Voraussetzungslosen) zu dem Anfang von Allem (jtavxög acp'/f]) ge-
hend“ und „nachdem man diesen ergriffen hat, wiederum das, was
aus ihm folgt, verfolgend, zum Ende hinabsteige, so daß man dazu
überhaupt nichts Sinnliches mehr braucht, sondern mittels der Be-
griffe selbst
(
EIÖEOIV
autolq) von Begriff zu Begriff fortschreite und
mit dem Begriffe ende.“ — Platon verlangt also zuerst den Aufstieg
zu den letzten Grundsätzen aus der Erfahrung und dann, sobald
diese letzten Grundsätze, die Erkenntnis des Unbedingten, gewon-
nen seien: das Herabsteigen (Deduzieren) zur Erfahrung, das heißt:
den Aufbau eines reinen Begriffsgebäudes. Er verlangt damit nach
Gewinnung des Urbegriffes, hier des Begriffes der Idee, das a b 1 e i -
t e n d - e n t w i c k e l n d e V e r f a h r e n , das heute sogenannte
apriorisch-konstruktive Verfahren.
Platon selbst kam zur Aufstellung eines geschlossenen Begriffs-
gebäudes in seinen Schriften nicht, aber vielleicht in seinen Lehrvor-
trägen. Es aus seinen Schriften nachträglich zu bilden, war die Auf-
gabe der Nachwelt. In den Lehrvorträgen des Aristoteles dagegen
dürfen wir ein solches mit Sicherheit vermuten, wenn auch die ent-
scheidenden der überlieferten Schriften, vor allem die „Metaphy-
sik“, nur den Anblick eines Trümmerfeldes bieten. Erst Jahrhun-
derte später sehen wir dann bei Plotin und dem ihm folgenden Neu-
platonismus den Versuch, aus e i n e m letzten Grundbegriffe (das
„Eine“ und seine Abschwächungen durch stufenweise Emanationen)
ein geschlossenes Gebäude zu errichten und daraus den Gesamtzu-
sammenhang aller Wesen der Welt und Überwelt ableitend zu er-
klären. — Abermals Jahrhunderte später tauchte in den „Summen“
der christlichen Hochscholastik das Streben nach strengen Begriffs-
zusammenhängen und Lehrgebäuden auf.
Übergehen wir der Kürze halber Spinoza und Leibniz, so finden
wir bei Kant, wie vermerkt, den bewußten Verzicht auf ein ein-
heitliches Begriffsgebäude. Kant sah, gemäß der Mittelstellung des
„Kritizismus“ zwischen Naturalismus und Idealismus, den Schwer-
punkt der Philosophie in einer kritischen Untersuchung des Erken-
nens und mußte den obersten Begriff, den des „Dinges an sich“, in
die Ferne rücken.
Erst F i c h t e war es wieder, der in heißem Ringen den küh-
nen Gedanken faßte, die Urweisen oder Kategorien der Selbstent-
faltung des Ichs (zugleich der Welt) aus Begriffen abzuleiten, näm-