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nach Ebenbildlichkeit erfolgt, schließt sie auch Persönlichkeit in sich.
All das ist aus dem Bisherigen unmittelbar klar. Denn die Nach-
weise, daß die Gezweiung sowohl (1) Verpersönlichung des ein-
zelnen Geistes wie (2) Vergliederung des neu geschaffenen Persön-
lichen zugleich ist, sind schon gegeben worden. Die Rückverbunden-
heit ist das verdeckte Schauen Gottes am Grunde unserer Seele.
Das sind die Merkzeichen des inneren Schöpfungvorganges der
Welt.
5.
Die G e s c h i c h t e n a c h d i a l e k t i s c h e m u n d n a c h
g a n z h e i t l i c h e m V e r f a h r e n
Eine andere Überlegenheit des ganzheitlichen vor dem dialek-
tischen Verfahren liegt in der Stellung beider gegenüber der Zeit.
Das dialektische Verfahren will und kann grundsätzlich keine
zeitliche, es will und kann grundsätzlich nur eine logische Entfal-
tung der Einheit in die Vielheit aufzeigen. Das haben die Begründer
des dialektischen Verfahrens oft genug beteuert. Die Setzungs-
schritte, welche unaufhörlich durch die Gegensätze und ihre Auf-
hebung hindurchgehen, zeigen das logische Gefüge der Welt, sie
bilden eine logische Reihe der Entfaltung und landen endlich beim
absoluten Geiste, daher nicht umsonst das Grundwerk Hegels
„Logik“ heißt; was sagen will, daß die dialektische Lehre des Aus-
einandertretens der Einheit in die Vielheit eine Seinslehre sei (On-
tologie), die aber deswegen, weil das Eine, welches in Vieles aus-
einandergeht, Geist, absoluter Geist ist, eben zugleich Logik sein
müsse, sofern die Bestimmungen des Seins auch jene des Denkens
sind. Auch die Natur wird nur als das „Anderssein“ des Geistes
aufgefaßt, von welchem er in sich selbst zurückkehrt, also aus dem
An-sich-Sein durch das Für-sich-Sein zu dem An-und-für-sich-Sein
kommt, wodurch der absolute Geist sich zuletzt in das Endliche
vermittelt hat (darum die Einheit von Kunst, Religion und Philo-
sophie „absoluter Geist“ in der Vermittlung [nicht in seiner Un-
mittelbarkeit, wo er Gott ist] wird). Ebenso schon Fichte: „ ... das
Entgegengesetze muß verbunden werden, solange noch etwas Ent-
gegengesetztes ist, bis die absolute Einheit hervorgebracht sei. . .“
l
1
Johann Gottlieb Fichte: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794), in:
Sämtliche Werke, Berlin 1845—46, Bd 1, S. 115.