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such, Geschichte in die Gottheit zu tragen, wie es bei Schellings

Potenzenwechsel den Anschein hat, ist undurchführbar. — Nun ist

nicht zu leugnen, daß der geschaffene Geist, obwohl Unmittelbarkeit

auf seinem Grunde wohnt, Mittelbarkeit zeigt. Und damit tritt wie-

der die Haupt- und Urfrage aller Schöpfungslehre hervor: wie eine

verhältnismäßig außergöttliche Welt zu erklären, wie die Vermittel-

barung des Geschaffenen, die wir im Leben vorfinden, möglich sei.

Daß wir eine völlig aus Gott herausgetretene, eine schlechthin

außergöttliche Welt nicht anerkennen, da die Welt in Gott r ü c k -

v e r b u n d e n bleibt, da Unmittelbarkeit am Grunde wohnt, un-

terscheidet uns zwar von dem Begriffe einer schlechthin „emanen-

ten“, schlechthin „aus Gott herausgetretenen“ Schöpfung, enthebt

uns aber der Frage nicht.

Die Lösung durch den Begriff des Abfalles haben wir schon ab-

gewiesen. Verselbstigung ist noch kein Abfall. Allerdings fehlt nach-

träglich Fall, Verderbnis gewiß nicht in der Welt. Zum Fall in die-

sem Sinne gehört zugleich Gnade. Aber der Grund der Weltentste-

hung liegt hier nicht.

Das Entstehen der (verhältnismäßig) außergöttlichen Welt ist

demnach so zu bestimmen: In dem Maße, als die Unmittelbarkeit

verloren geht, tritt ein M i t t e l b a r e s hervor; dieses Mittelbare

oder Vermittelnde besteht nur, soweit Unmittelbares am Grunde

bleibt: der Seelengrund Meister Eckeharts, mystischer Grund alles

Seins überhaupt. Und ferner besteht das Mittelbare nur, soweit es

das Unmittelbare d a r s t e l l t , weitergibt, vermittelt. Im Geistes-

leben tut das die Verarbeitung der Eingebung; im Sein überhaupt

ist das Geschaffenwerden das Unmittelbare, welches im geschöpf-

lichen Schaffen ergriffen, verarbeitet, dargestellt — vermittelt wird.

Und e b e n d i e s e V e r m i t t e l u n g i s t G e s c h i c h t e . /

C . D i e W e l t a l s E n t s p r e c h u n g s f ü l l e d e s

G e i s t e s

Dieser Ur-Prägestempel der geschaffenen Welt, daß in ihr Mittel-

barkeit hervortritt und Unmittelbarkeit am Grunde bleibt, ist

überall im Sein abgedrückt, seine Spur überall zu finden.