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befassende und dadurch sich zum Gliede machende Allgemein-
heiten annehmen muß, ist meine Meinung — die sich wieder nur
analytisch, nicht metaphysisch begründen läßt.)
Mögen sich welche philosophischen Folgerungen immer an diese
beiden Soziologien knüpfen — und sie knüpfen sich an die indivi-
dualistische ebenso unvermeidlich wie an die universalistische! —
beide gehen zuerst von einem analytischen Befunde aus. D a h e r
l a d e i c h m e i n e G e g n e r e i n , m e i n e n a n a l y t i -
s c h e n U r b e f u n d z u p r ü f e n , n i c h t a b e r ü b e r
M e t a p h y s i k z u k l a g e n o d e r m e i n e L e h r e p r i -
m ä r a l s p o l i t i s c h e Z w e c k e i n s t e l l u n g z u b e -
h a n d e l n . Mein analytischer Urbefund ist der Begriff der Gezwei-
ung, die Folgerung ist im Begriffe der Ganzheit, der Ausgliederung,
des Vorranges, der Leistung und anderen Begriffen gegeben.
Um den Begriff der Gezweiung, so behaupte ich, wird eine klare
und genaue Analyse nie und nimmer herumkommen. Wer mich
widerlegen will, muß beweisen, daß die menschliche Geistigkeit
in allen ihren Bestandteilen, und daß die menschlichen Handlungen
in der Gesellschaft n i c h t gliedhaft seien. Er muß, heißt das, den
Begriff der Gliedhaftigkeit und der Gezweitheit aller gesellschaft-
lichen Erscheinungen, nicht nur an dem einzelnen Menschen, sondern
auch an den Unterganzheiten der Gesellschaft widerlegen. Diese
Widerlegung oder dieser Beweis, das wiederhole ich, ist aber eine rein
analytische Angelegenheit, keine metaphysische Angelegenheit. Ich
b e h a u p t e
k e i n e s w e g s ,
d a ß
d i e
G e s e l l s c h a f t s l e h r e
d a s
„ G a n z e
d e s
g e s e l l s c h a f t l i c h e n
G e i s t e s “
a l s
„ m e t a p h y s i s c h e s W e s e n “ o d e r a l s i n d i v i d u e l l
b e w u ß t e s W e s e n ä h n l i c h d e m m e n s c h l i c h e n
I c h a u f f a s s e n mü s s e . Ich behaupte im Gegenteile, daß die
Gesellschaftslehre über die metaphysische Ausdeutung ihres Befundes
nichts zu sagen hat. Diese Frage gehört gar nicht in die Gesellschaftslehre,
sie gehört in die Ontologie und Metaphysik. Die Tatsachen und ihre
Ausdeutung, um die sich in der Gesellschaftslehre alles dreht, haben
mit Metaphysik unmittelbar ganz und gar nichts zu tun. Sie erfordern
bloß die höchste Treue gegenüber den Erfahrungstatsachen, die voll-
kommenste Schärfe der Zergliederung und endlich die genaue Folge-
richtigkeit in den verfahrenmäßigen Schlußfolgerungen. Zu den