139
bemerke ich nebenher, wäre völlig untauglich. In Wahrheit ist das ein reiner
Ursächlichkeitsbegriff, und zwar ein rein mechanischer, den hauptsächlich
die Assoziationspsychologie in Schwang brachte. Indem sie folgerichtig mit
den „Gewichten“ oder ,,M o t i v e n “ der Lust und Unlust, die die Zweck-
V o r s t e l l u n g e n haben, arbeitete, setzte sie wieder motivierende Vor-
stellungen, motivierende Lust- und Unlustgrößen an die Stelle des Zweckes
— also Ursachen! „Der Zweck wirkt als Vorstellung“, so sagt die Assozia-
tionspsychologie. Sie e n t k l e i d e t d a m i t d e n Z w e c k s e i -
n e r N a t u r u n d s e t z t e i n M o t i v e n g e t r i e b e a n s e i n e
S t e l l e . Sie beseitigt damit die Zweckhaftigkeit, die reine Zweckbezogen-
heit — die eine sinnvolle, inhaltliche, der logischen Gliedhaftigkeit verwandte
ist — und kommt wieder beim alten Mechanismus der Vorstellungen mit ihren
Gefühlsgewichten an. Darüber noch weitere Worte zu verlieren, erübrigt sich
wohl für jeden methodologisch Gebildeten. Aber leider verachten die meisten
unserer Fachgelehrten in ihrem Innern die Philosophie, und darum reden sie
kindisch, sobald sie darüber urteilen sollen.
Zuletzt noch die „physiologische“ Ursächlichkeit Max Adlers.
Dies ist wohl der unglücklichste Einfall, den Adler haben konnte.
Die physiologische Ursächlichkeit löst sich entweder in Chemis-
mus und Mechanismus auf und ist dann keine andere als Natur-
kausalität (wie die ältere mechanistische Biologie wollte); oder
über dem Chemismus steht noch eine eigene Ebene des Gesche-
hens mit eigener Bestimmtheit, nämlich gerade der g a n z h e i t -
l i c h e n , wie die neueren vitalistischen Biologen annehmen
(Driesch, von Uexküll, Heidenhain und andere). Von diesem Kampfe,
der in der Biologie entbrannte, kann sich Adler in Faigls angeführ-
tem Buche unterrichten. — Eine a r t e i g e n e physiologische
Ursächlichkeit aber zu behaupten, hat bisher niemand gewagt. Dies
war Max Adler Vorbehalten. In der ganzen Geschichte der Biologie
gibt es nur dieselbe Wahl wie in der Geschichte der Gesellschafts-
wissenschaften: Entweder Erforschung des Gegenstandes nach dem
Verfahren mechanischer Ursächlichkeit, wie es in der mathemati-
schen Physik zur höchsten Vollendung kam, also Gesetze nach der
Art des Newtonschen auch in dem Geschehen des Organismus zu
finden; oder ein unmechanisches Verfahren zu versuchen, das der
ältere Vitalismus mehr durch den Zweckbegriff, der neue durch
den Ganzheitsbegriff zu gründen sucht.
( b ) D i e W i r k l i c h k e i t d e s E i n z e l n e n u n d d i e
U n w i r k l i c h k e i t d e s G a n z e n . Der zweite Einwand